Ihre Geschichte ging um die Welt: Auf eigene Faust haben sich vier vermisste Kinder nach einem Flugzeugabsturz ganze 40 Tage lang durch den kolumbianischen Dschungel geschlagen – und überlebt. Am Freitag konnten die Geschwister schliesslich lokalisiert und per Helikopter und Flugzeug in die kolumbianische Hauptstadt Bogota gebracht werden. Ihre Rettung grenzt an ein Wunder und begeisterte die ganze Welt.
Jetzt kommen immer mehr Details zu den tapferen Dschungel-Kindern und ihrer Rettung ans Licht. Blick liefert die wichtigsten Fragen und Antworten zum Fall.
Was ist genau passiert?
Die vier Kinder sind am 1. Mai zusammen mit ihrer Mutter in eine Propellermaschine vom Typ Cessna 206 gestiegen. Nachdem es zunächst hiess, dass die Familie einen Verwandten besuchen wollte, behauptet Manuel Ranoque, der Vater der beiden jüngsten Überlebenden, nun etwas anderes. Demnach habe die Familie das Flugzeug bestiegen, da sie um ihr Leben fliehen wollten. Das berichtet die «New York Times».
Geflüchtet seien sie vor einer bewaffneten Gruppe, die Kinder unter Androhung von Gewalt zwangsrekrutierte. Da die Gruppe die Kontrolle über ihre Heimatregion im Süden Kolumbiens übernommen hatte, sei die Familie ins Flugzeug gestiegen, um ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. «Ich hatte grosse Angst, dass die Kinder rekrutiert werden würden», so Ranoque.
Wenige Minuten nach dem Start aus einem tiefen Amazonasgebiet meldete der Pilot Motorprobleme. Dann kam eins zum anderen: Das Kleinflugzeug kollidierte mit den Baumspitzen, daraufhin wurden Motor und Propeller von der Maschine abgerissen und schliesslich stürzte das Flugzeug im Verwaltungsgebiet Caquetá praktisch senkrecht in die Tiefe.
Die Mutter der Kinder, Magdalena Mucutui Valencia, kam bei dem Unglück ums Leben. Auch der Pilot und ein indigener Anführer überlebten den Absturz nicht. Das Wrack der Maschine und ihre Leichen wurden zwei Wochen nach dem Absturz entdeckt. Einzig und allein die indigenen Kinder überlebten den Flugzeugabsturz. Danach suchten 160 Soldaten der Armee und 70 Indigene nach den Kindern.
Wer sind die Kinder, und wie haben sie überlebt?
Dass sie nach 40 Tagen im Dschungel, ohne Essen und Trinken lebend herausgekommen sind, hat den Grosseltern zufolge unter anderem mit ihrer Herkunft zu tun. Lesly (13), Soleiny (9), Tien (4) und Cristin (1) gehören nämlich dem indigenen Volk der Huitoto (zu Deutsch: Witoto) an. «Sie sind Kinder des Buschs», sagte der Grossvater der Kinder, Filencio Valencia. Sie wüssten, wie man im Dschungel überlebt. So hätten sie zunächst ein wenig von dem Mehl gegessen, das noch an Bord des Flugzeuges war. Dann hätten sie sich von Samen ernährt.
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Grossmutter Fátima Valencia sagt: «Wir Indigene lernen von klein auf, welche man essen kann und welche nicht.» Obwohl die Kinder mit dem Dschungel vertraut sind, ist ihr Überleben nicht selbstverständlich: So sind in dem Gebiet des Absturzes nicht nur Schlangen, Jaguare, Pumas und andere Raubtiere zu Hause, sondern auch bewaffnete Drogenbanden seien dort aktiv.
Wie geht es ihnen jetzt?
Die Kinder sind mittlerweile auf dem Weg der Besserung. Seit ihrer Rettung befinden sie sich in einem Militärspital in Bogota. Inzwischen sind gar auch Bilder von ihnen aufgetaucht, die sie in ihren Spitalbetten zeigen. Darauf sehen sie zwar immer noch etwas abgemagert und erschöpft, aber zufrieden aus.
Dem kolumbianischen Verteidigungsminister Ivan Velasquez (68) zufolge waren die Kinder bei ihrer Rettung dehydriert und können noch keine feste Nahrung zu sich nehmen. Ihr Gesundheitszustand sei aber «akzeptabel» und sie seien «ausser Gefahr». Abgesehen von ein paar Hautverletzungen und Insektenstichen haben sie nach Angaben des Armeearztes keine äusserlichen Schäden davongetragen. Um sich wieder an feste Nahrung zu gewöhnen, werden die Kinder zwei bis drei Wochen im Spital bleiben.
Wie geht es jetzt weiter?
Da die Kinder bei dem Absturz ihre Mutter verloren haben und von zwei verschiedenen Vätern stammen, werden sich voraussichtlich ihre Grosseltern um sie kümmern. Das Sorgerecht für die Kinder zu erhalten, sei ganz in ihrem Sinne: «Es wird mein Stolz sein. Meine Tochter beobachtet mich, sie wird mich geistig ermutigen und mir Kraft geben», so die Grossmutter.