«Was haben Sie falsch gemacht?»
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Blick zu Marin während Wahlen:«Was haben Sie falsch gemacht?»

Schwarzer Sonntag für Politstar
Sanna Marin räumt Wahlniederlage ein!

Die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin gilt im Ausland als beliebte Regierungschefin. Am Sonntag wurde sie abgewählt. Ihre Sozialdemokraten sind lediglich noch die drittstärkste Partei. Finnland steht vor einem Regierungswechsel.
Publiziert: 01.04.2023 um 14:04 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2023 um 07:10 Uhr
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Sanna Marin im Januar am WEF in Davos: Die finnische Ministerpräsidentin muss mit der Abwahl rechnen.
Foto: keystone-sda.ch
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Guido FelderAusland-Redaktor

Zum sechsten Mal sind die Finninnen und Finnen laut «World Happiness Report» zur glücklichsten Bevölkerung der Welt erklärt worden. Warum, wissen die Finnen jedoch selber nicht genau. Seit Jahren belegen sie auch bei der Suizidrate einen Platz weit oben auf der Tabelle.

Ebenso ist es vielen Finnen ein Rätsel, warum ihre sozialdemokratische Ministerpräsidentin Sanna Marin (37) derart bewundert wird. Tatsächlich wird Marin vor allem im Ausland als erfolgreiche Regierungschefin wahrgenommen, weniger aber im eigenen Land.

Am Sonntag wurde in Finnland gewählt. Für Sanna Marin wurde es zum Tag der Abrechnung. Bei einer ersten Hochrechnung lag sie mit ihren Sozialdemokraten nur auf Platz 3. Am späten Sonntagabend hat sie die Niederlage bei der Parlamentswahl eingeräumt. «Glückwünsche an den Wahlsieger, Glückwünsche an die Nationale Koalition, Glückwünsche an die Partei Die Finnen. Die Demokratie hat gesprochen», sagte die 37-jährige Regierungschefin am Abend vor Anhängern ihrer Partei.

Nach der Auszählung aller Stimmen kommen die Konservativen demnach auf 20,8 Prozent und 48 Mandate, die Rechtspopulisten auf 20,1 Prozent und 46 Sitze, die Sozialdemokraten auf 19,9 Prozent und 43 Mandate. Marins Sozialdemokraten kommen damit trotz Zugewinnen hinter den Konservativen sowie der rechtspopulistischen Partei Die Finnen nur auf Platz drei. Damit steht der nördlichste Mitgliedstaat der EU vor einem Regierungswechsel.

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Verschuldung massiv gestiegen

Viele Finnen kritisieren Marin dafür, dass ihr der internationale Ruhm immer mehr zu Kopf gestiegen ist. Lieber liess sie sich, so der Vorwurf, – etwa in Lederjacke oder mit tiefem Ausschnitt – als Superstar ablichten, statt sich um die Probleme in Finnland zu kümmern. So ist die Staatsverschuldung seit 2019 um 35 Milliarden auf 177 Milliarden Euro angewachsen, wobei dies zu einem Teil auch auf Corona und den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist.

Sanna Marin, die direkt nach dem Studium der Verwaltungswissenschaften in die Politik eingestiegen war, wird vorgeworfen, keinen Plan zur Sanierung der Finanzen zu haben und wichtige Themen an ihre Minister zu delegieren. In ihrer aus fünf Parteien bestehenden Regierungskoalition mit zehn Ministerinnen und neun Ministern herrschen Spannungen. Es ist auf die Bedrohung durch den russischen Krieg zurückzuführen, dass sich die Regierung bisher immer wieder zusammenraufen konnte.

Marins Talfahrt begann, als ein Video an die Öffentlichkeit geriet, das die Ministerpräsidentin mit Freundinnen ausgelassen beim Tanzen zeigte. In der Welt wurde sie dafür gefeiert, vielen Finnen selber aber geriet das Video in den falschen Hals. Ein Drogentest verlief negativ, aber es wurde bekannt, dass an diesem Tag keine dienstliche Vertretung für sie organisiert war.

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Konservative kündigen Sparkurs an

«Die Politik der Sozialdemokraten ist zurzeit stark auf Sanna Marin zugeschnitten», sagt die finnische Politologin Hanna Wass (45) von der Universität Helsinki zu SonntagsBlick. «Sie hat in der Wirtschaftspolitik einen eher progressiven Kurs eingeschlagen, was einige der konservativen Wählerinnen und Wähler abgeschreckt hat.»

Zu den Hauptthemen im finnischen Wahlkampf gehört die Sanierung der Finanzen. Damit ist vor allem der Chef der konservativen Sammlungspartei (Kok) und möglicherweise künftige Ministerpräsident Petteri Orpo (53) ins Rennen gestiegen. Hanna Wass: «Die Sparpolitik wird sich stärker durchsetzen, vor allem wenn es zu einer Regierungskoalition zwischen der Kok und der Finnen-Partei kommt.» Deren vorrangigen Ziele seien die Verringerung des Defizits und der Schulden, eine Steuererhöhung komme für diese Parteien nicht infrage.

Weitere Themen im Wahlkampf sind Energieunabhängigkeit, Sozial- und Gesundheitsfragen, Bildung, Kinderbetreuung und Alterspflege. Eher in den Hintergrund gerückt sind Klimawandel, Umweltschutz, Einwanderung, Kultur- und Sportdienstleistungen. Praktisch gar kein Thema, obwohl grundlegend: der Nato-Beitritt. Er ist von links bis rechts unbestritten, im 200-köpfigen Parlament hatten 184 Abgeordnete dafür und nur 7 dagegen gestimmt. Die Gegenstimmen stammten aus Kommunistenkreisen.

Finnlands Image würde sich verändern

Im Wahl-Schlussspurt in den vergangenen Wochen haben Marins Sozialdemokraten (SDP) bei den Umfragen zwar leicht an Boden gutgemacht. Aber vor allem deswegen, weil die immer noch führende Kok Stimmen an die rechte Finnen-Partei verloren hat. Die Umfragewerte kurz vor dem Wahltag: Kok 20,5 Prozent, SDP 19,5 Prozent, Finnen-Partei 19,2.

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Viele Finnen wünschen sich eine Kursänderung. Gegen aussen würde sich allerdings auch mit einer neuen Regierung politisch kaum etwas ändern. «Finnland wird weiterhin Mitglied der EU und in der Nato sein und alle damit verbundenen Verpflichtungen erfüllen», meint Wass.

Nur etwas dürfte sich laut der Politologin bei einer Abwahl Marins aus internationaler Sicht ändern: das Image des Landes. «Finnland würde nicht mehr als so fortschrittlich und interessant wahrgenommen wie jetzt.»

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