Xis Einfluss weitet sich aus
Putins Egoismus treibt Russland in die Arme Chinas

Russlands Wirtschaft schwächelt wegen der westlichen Sanktionen, der Krieg in der Ukraine läuft nicht wie geplant – bald wird sich Wladimir Putin wohl Hilfe suchend an China wenden müssen. Und das könnte ein grosses Problem werden.
Publiziert: 12.08.2022 um 00:50 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2022 um 09:40 Uhr
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Der russische Präsident Wladimir Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping haben schon lange eine gute Beziehung.
Foto: keystone-sda.ch
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Chiara SchlenzAusland-Redaktorin

«Eine Freundschaft ohne Grenzen» – so beschreibt der chinesische Staatspräsident Xi Jinping (69) noch Anfang Jahr seine Beziehung zu Russland und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin (69) und sagte dem Kreml-Chef seine Unterstützung zu.

Beinahe sechs Monate nach Kriegsbeginn in der Ukraine wirkt es immer stärker so, als ob Russland auf das chinesische Angebot zurückgreifen wird. Die Wirtschaft schwächelt und die Rüstungsindustrie leidet so stark unter dem Krieg, dass es Russland nicht einmal gelingt, seinem Verbündeten Belarus Panzer zu liefern. Neben Syrien, Nordkorea und dem Iran könnte sich Putin auch Hilfe suchend an China wenden. Beansprucht Putin also bald die Hilfe von seinem alten Freund Xi?

Unwahrscheinlich sei es nicht, meint Brian Carlson (44), Leiter des Global Security Team des Think Tank am Center for Security Studies (CSS). «Wenn die neuen westlichen Waffensysteme das Blatt in der Ukraine wenden, wird es russische Regierungsmitglieder geben, die China um Hilfe bitten werden.» Eine weitere Annäherung, eine weitere Abhängigkeit von China könnte für Russland aber fatal enden.

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Ein schwaches Russland ist ein gutes Russland – für China

«Die Schwächung Russlands könnte es China ermöglichen, seinen Einfluss auf Eurasien auszuweiten. Und Russland könnte abhängiger von China werden. All dies könnte China Chancen bieten», erklärt Carlson. China sei zwar generell auf eine gewisse Stärke Russlands angewiesen, damit Russland ein wertvoller Partner bleibe. «Aber die relative Schwächung Russlands – solange sie nicht zu weit geht – kann für China auch von Vorteil sein.»

Russland sei sich aber bewusst, dass eine weitere Annäherung zu – oder sogar die Abhängigkeit von – China problematisch sein kann. «Russland hat immer befürchtet, dass es durch die Annäherung an China plötzlich der kleine Bruder, der Juniorpartner oder sogar ein Vasall Chinas werden könnte.»

Carlson zu Blick: «Je abhängiger Russland von China wird, desto grösser ist die Gefahr, dass China schliesslich genug Einfluss hat, um Russland dazu zu bringen, es in einem bewaffneten Konflikt in Asien zu unterstützen.» China könnte Russland also bei bewaffneten Konflikten – auf der koreanischen Halbinsel, in Japan oder Taiwan – quasi zur militärischen Unterstützung zwingen.

Doch falls Russland in der Ukraine eine Niederlage erleiden würde, wäre die «Freundschaft ohne Grenzen» – die wohl eher eine Art Zweckehe ist – wohl beendet. «Wenn Russland eine totale Niederlage in der Ukraine erleidet, würde es den Wert Russlands als Partner für China mindern.»

Kein Ende der toxischen Beziehung in Sicht

Doch wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass Russland China im Ernstfall praktisch ausgeliefert ist? Carlson ist davon überzeugt, dass allein Putin die Schuld daran trägt. Der Kremlchef habe sich über Jahre hinweg immer mehr zu China und weg vom Westen gewandt – und das nicht aus Interesse für das russische Volk, für das er die Verantwortung hat.

Seine Politik der Annäherung an China sei nicht im langfristigen Interesse Russlands. «Er ist nur an seinem persönlichen Erfolg interessiert. Er ist fast 70 Jahre alt und offenbar nicht bei guter Gesundheit und ist nur an der restlichen Zeit an der Macht interessiert.»

Der Experte ist sich sicher: «So wie er jetzt vorgeht, nähert sich Russland China so sehr an, dass sie China sogar helfen, stärker zu werden.» Ein Ende dieser toxischen Beziehung ist allerdings nicht in Sicht, so Carlson. «Langfristig ist das möglich. Aber nicht, solange Putin da ist.» Es müsste ein grosses Umdenken in der russischen Führung stattfinden.

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