Die Wagner-Söldner gehen für ihre Mission über Leichen. Wie brutal die Befehle sind, die sie ausführen, zeigen die Schilderungen eines geflohenen Soldaten. Maxim Selenow erzählt im Gespräch mit der Menschenrechtsorganisation «Gulagu.Net» (auf Deutsch: Nein zum Gulag), dass er und seine Kameraden auch Frauen und Kinder töteten. Die Befehle habe der Wagner-Boss Jewgeni Prigoschin (†62) persönlich erteilt.
Selenow wurde 2018 wegen Mordes verurteilt und kam ins Gefängnis. Der Krieg in der Ukraine sollte sein Ticket in die Freiheit sein. 500 Gefangene gingen November 2022 mit Prigoschin aus den Straflagern in Irkutsk in die Ukraine, um für den Krieg zu trainieren und dort zu kämpfen. Wer sich nicht fügte, überlebte das Training nicht. «Sie haben Menschen vor mir mit einem Maschinengewehr direkt in den Hinterkopf geschossen», berichtet Selenow. Das sollte eine Lehre für die anderen Kämpfer sein: Töten oder getötet werden. Den grausamen Wagner-Methoden wurde das zivile Volk der Ukraine zum Opfer.
«Eine Granate durchs Fenster, zwei durch die Tür – und wenn jemand überlebt, erledige sie», beschreibt Selenow die Befehle von Prigoschin. So auch, als sie in der Nähe von Soledar an einem Wohnhaus vorbeikamen. «Ich habe viele Menschen getötet, als wir ganze Dörfer auslöschten», so Selenow. «Sicher mindestens 40», fährt er fort. Besonders schlimm war die Schlacht um Soledar im Januar. «Grossmütter, Grossväter, Frauen, Kinder – wir töteten alle Zivilisten», fährt er fort. Die schockierenden Details der Kampftaktik der Wagner-Gruppe beweisen einmal mehr, zu welchem brutalen Preis die Söldner Siege auf ukrainischem Boden erzielten.
Wagner-Söldner flüchtete und versteckte sich
Wenig später fiel die Stadt Soledar, und einige Wochen danach eroberten die Russen auch die hart umkämpfte Stadt Bachmut. Selenow beschreibt, wie er eine Frau (35) und ihre Tochter (7) tötete, «weil er musste». Doch danach floh er aus den Reihen der Wagner-Gruppe. Acht Monate hielt er sich versteckt – bis zum Tod von Prigoschin. In der Sendung von «Gulagu.Net» brach er das Schweigen über die Gräueltaten der Wagner-Söldner.
Wie es mit der Wagner-Gruppe weitergeht, ist unklar. Am 24. Juni 2023 fuhren die Söldner auf Befehl von Prigoschin bewaffnet in Richtung Moskau – und bedrohten damit die russische Regierung. Zwei Monate später starb der Wagner-Boss bei einem Flugzeugabsturz. Wie das oppositionelle Portal Waschnije Istorije berichtet, sind viele der Söldner derzeit beurlaubt. «Wartet ab oder sucht euch eine neue Methode, Geld zu verdienen», sagt der derzeitige Vertreter von Prigoschins Büro in St. Petersburg. Unterdessen versucht der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, die ehemaligen Söldner unter seine Fittiche zu bringen. Klar ist: Viele sind bereit, auch weiterhin zu morden. (jwg)