«Wir haben ein ernstes Problem mit Lügen»
Russischer General rühmt Ukraine für Gegenoffensive

Die ukrainische Gegenoffensive kommt nur langsam voran. Trotzdem gibt ein russischer Top-General jetzt zu, dass die Ukraine die eigenen Truppen vor Probleme stellt. Damit scheint er Präsident Putin in den Rücken zu fallen.
Publiziert: 19.09.2023 um 17:09 Uhr
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Aktualisiert: 19.09.2023 um 21:29 Uhr
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Der russische Top-General Andrej Guruljow lobt die Militärstrategie der ukrainischen Streitkräfte in seinem Telegram-Blog.
Foto: Wikipedia

Seit drei Monaten läuft die ukrainische Gegenoffensive. Zwar können immer wieder Erfolge verbucht werden, doch die Rückeroberung der eingenommenen Gebiete kostet Kraft und braucht laut Experten viel Geduld. Trotz des langsamen Vorankommens der Ukrainer stellt die Gegenoffensive die Russen vor Probleme. Brisant: Auch Putins Leute nehmen das so wahr. 

Ausgerechnet der Ex-Kommandant und Duma-Abgeordnete Andrej Guruljow (55) schreibt in seinem Telegram-Blog über die Erfolge der ukrainischen Gegenseite. Normalerweise schwärmt der 55-Jährige von angeblichen Russen-Erfolgen an der Front – mit den neusten Aussagen sorgte Guruljow für Verwunderung in den eigenen Reihen.

Russische Truppen werden zu Rückzug gezwungen

«Sie haben ihre Kampftaktik geändert und haben viel Munition», schreibt er über die ukrainischen Streitkräfte. So setze die Ukraine deutlich weniger gepanzerte Fahrzeuge ein und lasse die Infanterie im Schutz von Drohnen und Artillerie vorrücken. Mit den russischen Minenfeldern wissen die Ukrainer mittlerweile umzugehen. «Diese Situation zwingt unsere Truppen zu einem tieferen Rückzug.»

Eine weitere Schwachstelle der Russen sei die fehlende Effizienz bei den Militärhelikoptern. Sie seien mit Boden-Luft-Raketen leicht abzuschiessen. 

Mit seiner Meinung ist der 55-Jährige nicht allein. Der Militärkorrespondent der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti, Alexander Tschartschenko, sieht dies ähnlich. «Der Feind hat unendlich viele Nerven», sagte er.

«Lasst uns die Lügen bekämpfen, sonst wird es Ärger geben»

Als dritten Punkt führt Guruljow die grosse Anzahl an unbemannten ukrainischen Drohnen hinzu. «Sie haben viele Drohnen, sie setzen sie klug ein.» Schliesslich warnt Guruljow vor «Lügen» in den eigenen Reihen. Diese würden ein Gewinnen des Krieges verhindern. «Die Lügen trennen uns vom Sieg. Falschmeldungen führen auf vielen Ebenen zu schlechten Entscheiden. Lasst sie uns bekämpfen, sonst wird es Ärger geben.» 

Von dem Ansturm an Kommentaren unter dem Eintrag liess sich Guruljow offenbar noch weiter anspornen. Er legte nach: «In unseren Berichten stimmen oft nicht einmal die Angaben zur vordersten Frontlinie mit den tatsächlichen überein.» 

Grosse Menge an Hasskommentaren

Guruljows Äusserungen führten zu einem regelrechten Shitstorm. Nach eigenen Aussagen musste er über 5000 Hasskommentare von seinem Profil löschen. 

Am Schluss lobt Guruljow doch noch seine eigenen Männer: «Wir sind stärker, unsere Krieger sind mutiger und professioneller. Wir passen uns an, wir halten durch, wir gewinnen.» Ausserdem gibt er dem Westen schuld, dass die Russen nicht vorwärtskommen. «Die Nato kämpft mit all ihren fortschrittlichen Technologien gegen uns.» Dies zu leugnen, wäre töricht, sagt er. 

Guruljow gilt als Hardliner gegenüber der Ukraine. Zu Beginn des russischen Angriffskriegs, will er den Gegner am Boden sehen, ihn «niederbrennen», wie er 2022 sagte. Bereits 2014 und 2015 führte er Krieg in der Ukraine und war in Syrien aktiv. (ene)

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