In Wien steht ein 17-Jähriger in Verdacht, im Juli zwei Obdachlose getötet und im August eine Frau schwer verletzt zu haben. Wochenlang machte die Polizei Jagd auf den unbekannten Täter. Am 11. Dezember dann die Überraschung: Der Mann spazierte bei einem Polizeiposten in Wien herein und sagte: «Ich bin der Obdachlosen-Killer.»
Sein Anwalt berichtet in österreichischen Medien über die Hintergründe seines Mandanten und wie sich dieser vom guten, braven Schüler zum Schwerverbrecher entwickelt habe.
Offenbar litt der Täter als zehnjähriger Junge unter der Trennung seiner Eltern, die beide wieder neue Partnerschaften eingingen. Ein inniges Verhältnis habe er aber zu seiner neuen, kleinen Stiefschwester entwickelt. Er habe es geschätzt, sie umsorgen zu können und sie abgöttisch geliebt, so wie er nie zuvor jemanden geliebt habe.
Der Himmel über ihn sei eingestürzt, als seine 29-jährige Stiefmutter ihre vierjährige Tochter in einem Wald Ende März 2021 erschossen und sich dann selbst gerichtet hatte. Diese Tat an der Kleinen habe ihn zerstört, sagte der junge Mann gegenüber seinem Anwalt.
Jagd auf Obdachlose
Als Folge brach er das Gymnasium ab, begann Drogen zu konsumieren und hielt sich mit Aushilfsjobs über Wasser. «Wenn ich drauf war, spürte ich keine Schmerzen – und es wurde immer kälter», soll er seinem Anwalt gesagt haben.
In diesem Zustand habe er sich regelrecht auf Menschenjagd begeben und stundenlang Obdachlose verfolgt. Als sie sich auf einer Bank oder einer Wiese schlafen legten und niemand in der Nähe war, habe er sein Stiletto-Messer aus einer Scheide, die er am rechten Bein befestigt hatte, hervorgeholt und immer wieder auf die Wehrlosen eingestochen.
Gegenüber dem Anwalt habe er ausgesagt: «Sie schrien vor Schmerzen, ich attackierte sie so lange, bis ich dachte, sie hätten eh keine Überlebenschancen mehr.»
Geständnis wegen neuer Bekanntschaft
Und zum Motiv habe er gesagt: «Ich war traurig, weil ich von niemandem Zuneigung bekam, und ich empfand Genugtuung dabei, zu wissen, dass jemand noch mehr leiden musste als ich.» Dass ein Kopfgeld von 10'000 Euro auf ihn ausgesetzt war, dürfte ihm Wertschätzung gegeben haben, mutmassen die österreichischen Medien.
Dass er sich gestellt habe, hänge damit zusammen, dass er bei einem Job ein Mädchen kennengelernt habe, das ihm Geborgenheit gebe. Sein Anwalt sagte, dass er reinen Tisch machen und nicht erst in fünf oder zehn Jahren für die Taten belangt werden wolle.
Die Gutachter müssen nun feststellen, ob der zum Zeitpunkt der Bluttaten erst 16-jährige Täter zurechnungsfähig war. Je nachdem blüht ihm die Einweisung in eine Anstalt. Zudem droht eine Haftstrafe von bis zu 15 Jahren. (gf)