Wie krank ist der Kreml-Chef?
Putins mögliche zwei Nachfolger stehen bereit

Wenn Wladimir Putin ausfallen würde, stünden zwei Vertreter bereit: ein weiterer Kriegstreiber sowie der gemässigte Premierminister. Noch ist es aber nicht soweit. Der krankgesagte Kreml-Chef wurde diese Woche wieder gesehen.
Publiziert: 12.05.2022 um 18:19 Uhr
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Aktualisiert: 13.05.2022 um 16:45 Uhr
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Müde und aufgedunsen: So sah Putin am Tag des Sieges am 9. Mai aus.
Foto: IMAGO/ZUMA Wire
Guido Felder

Um Wladimir Putins (69) Gesundheitszustand ranken sich viele Gerüchte. Oder sind die Meldungen wahr? Tatsache ist: Der russische Präsident fiel in den vergangenen Wochen mehrmals durch sein Aussehen und sein Verhalten auf.

  • Er empfing ausländische Staatsgäste an einem aussergewöhnlich langen Tisch. Auch interne Sitzungen hält er so ab. Schützt er sich so wegen einer Immunkrankheit?

  • Sein Gesicht war am Tag des Sieges aufgedunsen. Als ob er entzündungshemmende Kortikosteroide zu sich nähme.

  • Bei einer Sitzung Ende April klammerte er sich ständig an der Tischkante fest, und am Tag des Sieges hielt er seinen rechten Arm beim Gehen steif nach unten.

An der Siegesparade am Montag spekulierten Medien, dass sich Präsident Putin am darauffolgenden Tag einer schweren Operation unterziehen müsste. Darüber gibt es keine Informationen. Dagegen spricht, dass er am Mittwoch fotografiert wurde, als er in Sotschi ein Zentrum für hochbegabte Schüler eröffnete.

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Abwesenheiten verschleiert

Wie steht es um Putin wirklich? Wurde er operiert? «Darüber kann man nur spekulieren», sagt Russland-Experte Ulrich Schmid (56) von der Universität St. Gallen gegenüber Blick. «Diese Gerüchte machen seit Jahren die Runde. Es ist die Rede von Schilddrüsenkrebs.»

Es habe auch immer wieder Abwesenheiten gegeben, die nicht erklärt worden seien. Schmid: «Manchmal wurden auf der Website des Kremls Falschmeldungen über Aktivitäten des Präsidenten aufgeschaltet, um Abwesenheiten zu verschleiern.»

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Hardliner soll einspringen

Ob krank oder nicht: Offenbar steht im Hintergrund ein Mann bereit, der Putin vertreten soll, wenn er ausfällt. Es soll sich um Nikolaj Patruschew (70) handeln. Er ist Sekretär des russischen Sicherheitsrates. 1999 bis 2008 war er Leiter des russischen Geheimdienstes FSB.

Eine anonyme Quelle aus dem Geheimdienst bezeichnet ihn in Medien als «absoluten Schurken» und als «denkbar schlechte Option für einen Nachfolger». Patruschew gilt als einer der wichtigsten Architekten der Kriegsstrategie in der Ukraine.

Mark Galeotti (57), britischer Historiker und Experte für russische Sicherheit, hat Patruschew in der Moscow Times als «gefährlichsten Mann in Russland» bezeichnet. Er sei derjenige, der Putin in «immer extremere Positionen zerrt» und ihn in der «historischen Mission Russlands» gegen den Westen befeuere.

Oder doch ein Grund zur Hoffnung?

Schmid zweifelt allerdings daran, dass es wirklich Patruschew wäre, der Putin vertreten oder ersetzen würde. «Ich gehe eher davon aus, dass man gemäss Verfassung vorgehen würde. Sie sagt, dass bei einem Ausfall des Präsidenten der Premierminister, also Michail Mischustin, übernehmen würde.»

Schmid hält Mischustin für einen «effizienten Technokraten». «Er steht zwar loyal zu Putin, hat sich aber während des Krieges auffallend im Hintergrund gehalten.»

Dies wäre ein Grund zur Hoffnung. Mischustin (56) gehört laut Schmid zu den sogenannten liberalen Insidern, die Russland modernisieren wollen und für ein Wirtschaftswachstum eintreten. Schmid: «Mischustin würde sicher mässigend auf den aggressiven Kurs des Kremls einwirken.»

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