2024 ist gerade einmal fünf Monate alt und schon hat das Jahr zahlreiche Rekorde gebrochen: Die globalen Temperaturen erreichten in den Frühlingsmonaten bereits Höchstwerte. Wagt man einen Blick in die jüngste Vergangenheit, zeigt sich Monat für Monat ein ähnliches Bild: Die Temperaturrekorde purzeln. Hinzu kommen vielerorts heftige Wetterkapriolen in Form von Stürmen und langen Nassperioden.
Der April 2024 war mit einer durchschnittlichen Temperatur von rund 15 Grad mehr als eineinhalb Grad wärmer als in der vorindustriellen Zeit – nochmals höher als 2023, dem mit Abstand wärmsten Jahr seit Messbeginn.
«Unbekanntes Terrain»
Geht es jetzt nur noch steil bergauf? Ein Wetterexperte des Klima-Think-Thanks Carbon Brief schlägt Alarm. «Wenn sich die Anomalie nicht stabilisiert, befinden wir uns auf unbekanntem Terrain», zitiert der «Tagesanzeiger» den bekannten amerikanischen Klima-Forscher Gavin Schmidt. Carbon Brief sagt voraus, dass 2024 das wärmste oder zweitwärmste Jahr seit Beginn der Industrialisierung wird.
Bei den Meerestemperaturen zeigt der Trend in eine ähnliche Richtung. Die durchschnittlichen Wassertemperaturen entlang der Küsten Europas erreichten 2023 einen Rekord. Und die globale Durchschnittstemperatur an der Meeresoberfläche stieg erstmals über 21 Grad. 2024 war das bis jetzt in jedem Monat der Fall. Ozeane sind besonders träge und geben aufgenommene Energie nur schwer wieder ab.
«Hitze akkumuliert sich an Meeresoberfläche»
Die gesamte Wärmeaufnahme der Meere sei aber laut ETH-Forscher Nicolas Gruber nicht grösser geworden. «Die ausserordentliche Hitze akkumuliert sich in den oberflächennahen Schichten», sagt er gegenüber der Zeitung. Grund dafür seien die regional schwachen Winde, die die Wärme nicht nach unten drücken können.
Wärmeres Wasser führt zu einer Zunahme von Stürmen und anderen extremen Wetterereignissen. Zudem führen die Temperaturen auch zum schnelleren Schmelzen von Gletschern. Brechen die grossen Gletscher wie beispielsweise der imposante Thwaites Gletscher zusammen, könnte das verheerende Folgen, für das Leben auf der Erde haben. Der Meeresspiegel würde um 60 Zentimeter steigen. Bricht das ganze westantarktische Eisschild zusammen, sogar um drei Meter.
Spielt das Wetter in Europa künftig verrückt?
Das Klimaphänomen «El Niño» hat die Schmelze laut den Analysen verstärkt. Bei diesem Phänomen ändern sich die Luft- und Meeresströmungen, was das Wetter durcheinanderwirbelt. Es kann zu starkem Niederschlag und erhöhten Wassertemperaturen kommen.
Die Zukunft Europas hängt auch vom grönländischen Eisschild in der Arktis ab, der ebenfalls schmilzt. Diese Abschmelzung und Regenfälle haben einen Effekt auf den Nordatlantik. Der Salzgehalt sinkt und die Dichte des Meerwassers nimmt ab. In der Folge fliesst weniger kaltes Wasser in der Tiefe vom Norden in den Süden und umgekehrt auch weniger warmes Wasser vom Süden in den Norden, wie es in der Analyse heisst. Dadurch kann der Golfstrom, der Europa mit mildem Klima versorgt, abgeschwächt werden. Es würden kalte Temperaturen drohen.
Derzeit kann die Forschung noch nicht abschätzen, ob und wann dieses Szenario eintritt. Noch zeigen die Daten noch in die andere Richtung: Es wird immer heisser in Europa. (ene)