Wirbel in Washington: Donald Trump (73) ist stinksauer auf den Kurznachrichtendienst Twitter. Die Social-Media-Plattform hat am Dienstag erstmals einen Tweet des US-Präsidenten einem Faktencheck unterworfen – und ihm prompt ein miserables Zeugnis ausgestellt. Am Mittwoch drohte Trump, natürlich über Twitter, soziale Netzwerke zu schliessen!
«Die Republikaner sind der Meinung, dass soziale Netzwerke konservative Stimmen völlig zum Schweigen bringen. Wir werden sie stark regulieren oder aber schliessen, bevor wir dies jemals zulassen können», schrieb Trump. 2016 hätte man beobachten können, wie die Social-Media-Plattformen versuchten, die Wahlen zu beeinflussen. «Sie scheiterten. Wir können nicht zulassen, dass eine raffiniertere Version davon wieder passiert», so der US-Präsident. Dabei lässt er weg, dass ihm laut Wahlforschern gerade soziale Netzwerke wie Twitter den Weg ins Weisse Haus überhaupt geebnet hatten.
Trump wird heute ein Dekret unterzeichnen
Dass Trumps Drohung ernst zu nehmen ist, zeigte sich im Verlauf von gestern Mittwoch. Das Weisse Haus hat eine sogenannte Excecutive Order (deutsch: Durchführungsverordnung) des US-Präsidenten zu sozialen Netzwerken angekündigt. Eine Sprecherin des Weissen Hauses sagte auf Trumps Rückflug von Cape Canaveral (Florida) nach Angaben mitreisender Journalisten, Trump werde heute ein Dekret zu sozialen Medien unterzeichnen. Details wurden zunächst nicht bekannt. In Washington wird spekuliert, dass Trump gewisse Inhalte auf sozialen Netzwerken stärker regulieren möchte. Unklar blieb, auf welcher rechtlichen Grundlage die Regierung eine solche Regulierung unternehmen könnte.
Könnte Trump seine Drohung wahr machen und gar Social-Media-Plattformen schliessen lassen? Die Experten sind sich einig: Nie und nimmer! Zwar kann Trump mit seinem präsidialen Dekret praktisch erlassen, was er will. Doch mit Sicherheit würde sein Entscheid vor Gerichten angefochten werden. Und da eine Schliessung von Twitter und Co. die freie Meinungsäusserung beschneiden würde, die in der amerikanischen Verfassung verankert ist, hätte ein solches Dekret letztlich keine Chance. Wahrscheinlicher ist, dass es Trump mit Regulierungen versucht. Doch auch in diesem Falle droht ein Rechtsstreit – und der US-Präsident dürfte auch in diesem Fall nur geringe Chancen haben.
Twitter-CEO Jack Dorsey meldete sich am Mittwochabend zu Wort. Es gebe jemanden, der letztlich für die Handlungen des Unternehmens verantwortlich ist, und das sei er selbst. «Bitte lassen Sie unsere Mitarbeiter aus dem Spiel», appelliert Dorsey an Trump. «Wir werden weiterhin auf falsche oder umstrittene Informationen über Wahlen weltweit hinweisen. Und wir werden alle Fehler, die wir machen, zugeben», verspricht er.
Trumps irre Verschwörungstheorie
Trump folgen auf Twitter mehr als 80 Millionen Menschen – ein über Jahre aufgebautes Publikum, das er nicht schnell zu einem anderen Dienst übertragen kann. Dem Kurznachrichtendienst wurde wiederholt vorgeworfen, nicht gegen falsche, irreführende oder beleidigende Tweets Trumps vorzugehen. Zuletzt sorgte für Kritik, dass Trump auf Twitter eine Verschwörungstheorie über einen vermeintlichen Mord anheizt, obwohl der Witwer des Opfers inständig darum bittet, das zu unterlassen.
Dabei geht es um die Mitarbeiterin des früheren Kongressabgeordneten und heutigen Moderators Joe Scarborough, Lori Klausutis. Deren Witwer Timothy Klausutis bat Twitter-Chef Jack Dorsey in einem von der «New York Times» veröffentlichen Brief erfolglos darum, Trump-Tweets zu löschen, in denen dieser andeutet, Scarborough könnte Lori Klausutis ermordet haben.
Scarborough arbeitet für den Sender MSNBC und ist ein erklärter Gegner Trumps. Trump hat auf Twitter wiederholt gefordert, dass der angeblich ungeklärte Fall des Todes von Lori Klausutis im Jahr 2001 wieder aufgerollt wird. Unter anderem twitterte der Präsident am 12. Mai mit Blick auf Scarborough: «Ist er mit Mord davongekommen?» Trump sagte am Dienstag im Weissen Haus bei einer Veranstaltung, bei der es eigentlich um Diabetes bei älteren Amerikanern ging, der Fall Klausutis sei «sehr verdächtig». «Viele Menschen» nähmen an, dass Scarborough etwas mit dem Tod der Frau zu tun haben könne.
Twitter löscht Trump-Tweets nicht
Im Brief des Witwers hiess es, seine Ehefrau habe an einer nicht diagnostizierten Herzkrankheit gelitten. Sie sei bei der Arbeit in Scarboroughs Büro in Florida gestürzt und mit dem Kopf auf den Schreibtisch geprallt. Die Mordthese widerspreche der Autopsie und gehöre zu den «schrecklichen Lügen», die von «Verschwörungstheoretikern» wie Trump verbreitet werde.
Timothy Klausutis schrieb weiter, seit dem Tag des Unfalltods seiner Ehefrau gebe es «eine ständige Flut von Unwahrheiten, Halbwahrheiten, Anspielungen und Verschwörungstheorien». Diese erschwerten ihm, sein Leben weiterzuleben. Trumps Tweets würden gegen Twitter-Regeln verstossen. Er fordere nicht, Trump von der Plattform auszuschliessen, verlange aber, dass die betreffenden Tweets gelöscht würden. Die «New York Times» zitierte eine Stellungnahme von Twitter, wonach Trumps Tweets nicht gegen Regeln verstiessen. Man bedauere aber den Schmerz, den sie verursachten, und arbeite an Änderungen der Bestimmungen
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Seit Donald Trump 2016 zum 45. Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wurde, wirbelt er die internationale Politik durcheinander. Bleiben Sie auf dem Laufenden mit allen Bildern, News & Videos aus den USA.
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