Weil Südafrika-Mutation stark verbreitet ist
Virologin will Tirol einen Monat isolieren

Eine österreichische Virologin warnt davor, dass Tirol ein zweites Ischgl-Debakel bevorstehe. Die südafrikanische Mutation sei besonders stark verbreitet. Sie fordert, das Bundesland einen Monat vom Rest Österreichs zu isolieren.
Publiziert: 03.02.2021 um 22:25 Uhr
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Aktualisiert: 09.02.2021 um 22:31 Uhr
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Dorothee Von Laer ist Virologin in Tirol. Sie sagt, dem Bundesland drohe ein zweites Ischgl, wenn nicht sofort drastische Massnahmen ergriffen würden.
Foto: Medizinische Universität Innsbruck

Immer wieder Tirol. Im vergangenen Frühjahr verbreitete sich das Coronavirus vom Winter-Partytempel Ischgl über ganz Europa aus. Schuld waren Anwohner und Gäste, die sich einen Deut um Sicherheitsmassnahmen scherten und Behörden, die viel zu lange untätig blieben.

Nun könnte das österreichische Bundesland zu einer Hochburg für die südafrikanische Mutation «B.1.351» zu werden. Jene Mutation, gegen die bisherige Impfungen weniger nützen und der natürliche Schutz durch Antikörper nach einer Erkrankung weit weniger hilft.

Südafrika-Mutation in 26 von 41 Proben

20 Prozent aller Neuinfektionen seien derzeit auf die britische oder die südafrikanische Mutation zurückzuführen, sagt Dorothee Von Laer, Leiterin der Virologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, vor österreichischen Medien.

Sie hat in Eigenregie begonnen, auffällige PCR-Tests zu sequenzieren. Die Ergebnisse haben es in sich. Von in der Nacht auf Mittwoch 41 ausgewerteten Verdachtsproben in Tirol seien 26 «B.1.351» zuzuordnen, sechs dem ursprünglichen «Wildtyp» und neun der britischen Variante. «Das ist also ein Verhältnis, das komplett anders ist als im Rest von Österreich, wo ja die britische Variante auf dem Vormarsch ist», sagt sie dem «Standard».

Ein Tiroler Untertyp

Ihr Team habe zudem eine Entdeckung gemacht, wonach die südafrikanische Variante in Tirol bereits wieder zwei bis drei zusätzliche Mutationen aufweist. Ob das eine biologische Bedeutung hat, ist vorerst noch unklar.

Von Laer fordert darum drastische Massnahmen. «Ich bin der Meinung, man müsste Tirol für einen Monat isolieren – vom Rest von Österreich und dem Ausland», sagt sie dem «Kurier». In dieser Zeit müsste die Tiroler Bevölkerung zweimal im Abstand von drei bis vier Tagen «verpflichtend» durchgetestet werden.

In jedem Fall hoffe sie, dass die für den 8. Februar geplante Öffnung der Geschäfte in ganz Österreich nun in Tirol zumindest um eine Woche verschoben wird. Noch könne man die Ausbreitung dieser Variante vielleicht verlangsamen und zumindest Zeit gewinnen.

«Das Land mauert wieder»

Allerdings sehe sie vom Land Tirol nur wenige Anstrengungen in diese Richtung. In den Medien erhebt sie deshalb schwere Vorwürfe: «Das Land Tirol mauert wieder und verschleiert.» Sie habe bereits vor einer Woche angeboten, Sequenzierungen durchzuführen. «Stattdessen werden die Proben weiter an die AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, Anm. der Red.) geschickt, von wo sie dann nach ein bis zwei Wochen wiederkommen. Wir sequenzieren hier in zwei bis drei Tagen».

Landeshauptmann Günther Platter weist die happigen Vorwürfe zurück. Man habe die Situation mit Experten und auch dem Bundeskanzler und dem Gesundheitsminister intensiv beraten und festgestellt, dass kein Bundesland so drastische Massnahmen habe. Derzeit werde jeder positive PCR-Test im Tirol auf Auffälligkeiten untersucht, um ein genaueres Lagebild zu erhalten. «Jetzt das ganze Land unter Quarantäne zu stellen gibt die Datenlage nicht her», sagt Platter den Medien und verweist auf die 7-Tage-Inzidenz, bei der Tirol unter dem österreichischen Durchschnitt liege. Er stellt aber auch klar: «Die Lage muss von Tag zu Tag neu beurteilt werden.»

Für Von Laer scheint schon klar zu sein, wo die Untätigkeit der Politiker hinführen wird. Sie sagt: «Ich warte auf das zweite Ischgl.» (vof)

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