Die ukrainische Justiz hat Ermittlungsverfahren gegen zehn russische Soldaten wegen mutmasslicher Kriegsverbrechen im Kiewer Vorort Butscha eingeleitet. Den Mitgliedern der 64. motorisierten Infanteriebrigade der russischen Armee werde unter anderem «die grausame Behandlung von Zivilisten» vorgeworfen, erklärte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft am Donnerstag.
Berichte über Gräueltaten hatten nach dem russischen Truppenabzug aus Butscha und anderen Orten international für Entsetzen gesorgt.
Soldaten sollen Zivilisten als Geiseln genommen haben
Den zehn Beschuldigten werde konkret vorgeworfen, während der Besetzung von Butscha Zivilisten als Geiseln genommen, ihnen weder Essen noch Trinken gegeben und sie teilweise gefoltert zu haben, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft. «Menschen wurden mit Faustschlägen auf den Körper traktiert, mit Waffen auf Beine, Zehen und Brust geschlagen.» Demnach wollten die Soldaten so an Informationen über Stellungen der ukrainischen Truppen gelangen.
Die Ermittler bezichtigen die russischen Soldaten ausserdem der Plünderung: Sie hätten «persönliche Gegenstände und Haushaltsgeräte mitgenommen». In vielen Teilen der Ukraine gibt es Berichte über Diebstähle durch russische Soldaten. Es werde auch wegen «vorsätzlicher Morde» ermittelt, erklärte die Generalstaatsanwaltschaft.
Russland weist Vorwürfe noch immer zurück
Die Ukraine wirft der russischen Armee und vor allem der 64. Brigade vor, in Butscha ein Massaker an Zivilisten verübt zu haben. Nach dem Abzug der russischen Truppen waren auf den Strassen von Butscha getötete Männer in ziviler Kleidung gefunden worden, von denen einige an den Händen gefesselt waren.
Russland hat bislang alle Vorwürfe von Kriegsverbrechen zurückgewiesen. Bezüglich der gefundenen Leichen in Butscha wirft Moskau den ukrainischen Behörden und westlichen Medien vor, die Morde inszeniert zu haben. Ukrainische Truppen hätten die Taten begangen, um Russland als Schuldigen zu benennen, erklärte der Kreml. Präsident Wladimir Putin zeichnete die 64. Infanteriebrigade inzwischen mit einem Ehrentitel aus. (AFP/chs)