Wer in Argentinien geboren wird, erhält automatisch den argentinischen Pass. Auch für die Eltern des Kindes ist es danach ziemlich einfach, die argentinische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Nutzen schwangere Russinnen diese Praktik nun aus?
Diese Vermutung haben zumindest die argentinischen Behörden. Seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind nämlich auffällig viele Russinnen zum Gebären ins südamerikanische Land eingereist, wie die BBC festgestellt hat. 10'500 waren es im vergangenen Jahr. Allein 5800 von ihnen waren im letzten Drittel ihrer Schwangerschaft.
Migrationsdirektorin kündigt Massnahme an
Für Russinnen und Russen ist es seit Kriegsausbruch sehr viel schwieriger geworden, in westliche Länder einzureisen. Ausserdem bietet der russische Pass nur eine visafreie Einreise in 87 Länder. Mit der argentinischen Staatsbürgerschaft erhält man ohne Visa Zugang zu 171 Staaten.
Florencia Carignano (44) ist nationale Direktorin des argentinischen Migrationsdienstes. Sie will diesen möglichen Betrug unterbinden. «Wir setzen die Aufenthaltsgenehmigungen derjenigen Russinnen aus, die eine Aufenthaltsgenehmigung beantragt haben, weil ihr Kind argentinisch ist, aber mehr Zeit ausserhalb (Argentiniens) als innerhalb (des Landes) verbracht haben», so die Beamtin.
Erst am vergangenen Donnerstag reisten 33 schwangere Russinnen im selben Flugzeug nach Buenos Aires. Am Freitag landete abermals ein Flugzeug aus Russland in der argentinischen Hauptstadt. An Bord: 83 Russinnen, 16 davon schwanger.
Webseite bietet Rundum-Paket
«Irgendwas ist komisch, wenn Schwangere in der 34. Woche kommen», so Florencia Carignano. Es sei Ausländerinnen zwar nicht per se verboten, für die Geburt ihres Kindes nach Argentinien zu reisen. Dazu bräuchten die Frauen allerdings ein spezielles Visum.
Die BBC ist auf eine Webseite gestossen, die schwangeren Russinnen verschiedene Pakete zur Entbindung in Argentinien anbietet – inklusive Abholung vom Flughafen, Spanischunterricht und Aufenthalt «in den besten Krankenhäusern» von Buenos Aires.
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Ermittlungen gegen «millionenschweres Geschäft»
Die Preise für diese Pakete reichen von umgerechnet 5000 bis zu 15'000 Franken. Auf der Webseite steht, dass die Dienstleistung seit 2015 existiert und «zu 100 Prozent argentinisch» ist.
Die Zeitung «La Nación» berichtet, dass die argentinische Polizei bereits Razzien im Rahmen des «Geburtstourismus» durchführte. Dabei hätten die Beamten Laptops, Tablets, Einwanderungspapiere und «eine erhebliche Menge Bargeld» beschlagnahmt. Mittlerweile seien zudem Ermittlungen gegen ein «millionenschweres Geschäft und illegales Netzwerk» aufgenommen worden. (obf)