Was die Waffenruhe zwischen Israel und der Hisbollah bedeutet
Endlich Frieden – oder gehts jetzt erst richtig los?

Überraschend haben Israel und die Hisbollah eine Waffenruhe beschlossen. Blick erklärt, was das Abkommen bringt und warum die Gefahr besteht, dass alles noch schlimmer werden könnte.
Publiziert: 27.11.2024 um 12:57 Uhr
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Aktualisiert: 27.11.2024 um 13:33 Uhr
In Beirut feiern Libanesen die Waffenruhe.
Foto: Anadolu via Getty Images

Auf einen Blick

  • Waffenruhe im Libanon: Israel zieht Truppen ab, Hisbollah zieht sich zurück
  • Mögliche Vorbereitung Israels auf Krieg gegen Iran sorgt für Bedenken
  • USA halten 130 gepanzerte Bulldozer zurück, die Israel für Gaza benötigt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Guido FelderAusland-Redaktor

Seit Mittwoch schweigen im Libanon die Waffen. Israel hat mit Beirut eine Waffenruhe vereinbart, die morgens um 4 Uhr Ortszeit in Kraft getreten ist. Die Abmachung: Israel zieht seine Bodentruppen innerhalb von 60 Tagen aus dem Libanon ab, gleichzeitig zieht sich die Terrororganisation Hisbollah hinter den Litani-Fluss rund 30 Kilometer nördlich der Grenze zurück. 

Die deutsche Aussenministerin Annalena Baerbock (43) nannte den Schritt einen «Lichtblick». Wirklich? Denn es gibt auch die Befürchtung, dass Israel auf die Waffenruhe eingegangen ist, um sich auf einen Krieg gegen den Iran zu konzentrieren. 

Dass die Waffenruhe gerade jetzt kommt, dürfte offiziell mehrere Gründe haben. 

  • Israel geht die Munition aus. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (75) erklärte, einer der Hauptgründe für die Waffenruhe sei, dass Israel seine Vorräte an Waffen und Munition wieder auffüllen könne. 

  • Israel hat im Libanon weite Teile seines Ziels erreicht: Die Hisbollah-Führer sind tot, viele Stellungen und Material wurden zerstört. 

  • Die USA machen Druck. Israel befürchtet, dass die Biden-Regierung in ihren letzten Wochen im Amt Israel im UN-Sicherheitsrat mit einer Resolution «bestrafen» könnte, schreibt die «Times of Israel». Ausserdem halten die USA 130 gepanzerte Bulldozer zurück, welche die Israelis für die Zerstörung von Häusern im Gazastreifen bräuchten. Möglicherweise hat auch der Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanyahu gewissen Druck ausgeübt. 

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Nach Eintreten der Waffenruhe kehren die Bewohner Beiruts in ihre zum Teil zerbombten Häuser zurück.
Foto: keystone-sda.ch

Kommts zum Krieg mit dem Iran?

Es besteht aber auch die Möglichkeit, dass sich Israel auf einen Krieg mit dem Iran vorbereitet. Beim letzten Angriff auf den Iran Ende Oktober konnte die israelische Luftwaffe einen wichtigen Teil der iranischen Luftabwehr zerstören. Nahost- und Raketen-Experte Fabian Hinz (35) sagt gegenüber ZDF: «Der Iran hat gezeigt, dass er momentan sehr verletzlich ist.»

Nun böte sich für Israel die Gelegenheit, das iranische Regime und seine militärischen Kräfte weiter zu schwächen – zumal die iranische Vergeltung auf den letzten israelischen Schlag noch ausstehe.

Generell herrscht Skepsis, was die Waffenruhe betrifft. Es gibt mehrere Unklarheiten, so etwa über die Entwaffnung der Hisbollah. Netanyahu droht: «Wenn die Hisbollah auch nur versucht, sich wiederzubewaffnen, werden wir zuschlagen.» Und genau mit dieser Aufrüstung sei zu rechnen, meint Fabian Hinz. Er sagt: «Die Wiederherstellung auf militärische Weise wird für die Hisbollah allererste Priorität haben, wird aber wegen der substanziellen Schwächung enorm lange dauern.» 

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Auch darf man sich mit der Waffenruhe im Libanon keine Hoffnung auf eine Beruhigung im Gazastreifen machen. Hier ist der Gegner jene Terrororganisation, die am 7. Oktober 2023 Israel überfallen hatte und die komplett ausgelöscht werden soll: die Hamas. «Das macht es aus israelischer, innenpolitischer Sicht schwieriger, einen Kompromiss zu erzielen», sagt Hinz. 

USA und Frankreich vermittelten

Hinter der Waffenruhe im Libanon stehen Israels Verbündete USA und Frankreich, das als eines der ersten Länder den Staat Israel anerkannt hatte. Der französische Präsident Emmanuel Macron (46) erklärte auf der Social-Media-Plattform X, das Abkommen sei «der Höhepunkt monatelanger Bemühungen mit den israelischen und libanesischen Behörden in enger Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten». 

Die Waffenruhe soll von einer US-geführten Einheit kontrolliert werden, der Frankreich, der Libanon, Israel und die seit Jahren im Libanon stationierte Uno-Friedenstruppe Unifil angehören. 

Wie reagiert Trump?

Bleibt noch die Frage, wie sich die Lage unter US-Präsident Donald Trump (78) entwickeln wird. Vor allem im Libanon gibt es Befürchtungen, dass die Waffenruhe nach Amtsantritt des grossen Israel-Freundes beendet werden könnte. Der US-Sender CBS berichtete allerdings, dass Trump über das Abkommen informiert worden sei und die Waffenruhe billige. 

Hinz wagt keine Prognose über Trumps künftige Nahost-Politik, hat aber Hoffnung: «Viele Mitglieder der Trump-Regierung sind Hardliner, was den Iran angeht. Auf der anderen Seite ist Trump jemand, der Vereinbarungen abschliessen möchte.»

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