Was für ein grusliges Treffen im Fussball- und Erdöl-Emirat Katar: Am Sonntag feierten dort der Chef der Hamas und der Aussenminister des iranischen Mullah-Regimes gemeinsam den «historischen Sieg» der Hamas-Terroristen über Israel. Irans Aussenminister drohte dem jüdischen Staat mit einem «riesigen Erdbeben», falls israelische Truppen tatsächlich in Gaza einfallen sollten.
Derweil haben die USA ein Schiff losgeschickt, um Tausende Amerikaner aus Israel zu evakuieren. Deutschland tat am Sonntagabend dasselbe – mit einem militärischen Transportflugzeug des Typs A400M. Kurz vor der erwarteten Invasion der israelischen Streitkräfte in den Gaza-Streifen stehen die Zeichen im Nahen Osten auf Sturm. Und der Sturm könnte schnell auch Europa erfassen. Mehrere Punkte bieten Grund zur Sorge.
Mit 150'000 Raketen gegen den Todfeind
Da ist das rachsüchtige Regime in Teheran. Die iranischen Mullahs sind seit jeher Israels Todfeind. Statt von den eigenen Streitkräften lassen sie ihre militärischen Missionen im Nahen Osten aber lieber von den Stellvertreter-Armeen Hamas und Hisbollah ausführen. Beide Milizen erhalten jährliche Zahlungen in dreistelliger Millionenhöhe direkt aus Irans Schatzkammern.
Die im Libanon ansässige Hisbollah verfügt über rund 150'000 Raketen. Sie könnte dem Krieg mit einem Grossangriff auf Israel eine völlig neue Dimension geben, sagt Michel Wyss, Militärexperte an der Militärakademie an der ETH Zürich. Die Hisbollah hat am Sonntag mehrere Grenzposten attackiert: erste Erschütterungen des angekündigten «riesigen Erdbebens». Israel liess vorsichtshalber eine vier Kilometer breite Sicherheitszone entlang der libanesischen Grenze räumen.
Ob die Hisbollah Israel umfassend angreifen werde, sei schwierig zu sagen, betont Militärexperte Wyss: «Israel droht im Falle eines Hisbollah-Angriffs mit verheerenden Konsequenzen für den ganzen Libanon.» Es sei zudem fraglich, ob der Iran tatsächlich bereit sei, seine über Jahre aufgebaute militärische Drohkulisse in der Region für die aus Sicht Teherans weniger wichtige Hamas zu riskieren. «Primäres Ziel der iranischen Präsenz im Süden Libanons ist es, Israel von einem Angriff auf Iran abzuschrecken», sagt Wyss zu «Blick».
Amerika, das mit zwei seiner Flugzeugträger, Dutzenden Kampfjets und Elite-Truppen unterwegs in den östlichen Mittelmeerraum ist, hat zudem unmissverständlich klar gemacht, dass man ein iranisches Aufmucken nicht tolerieren werde.
Die arabischen Nachbarn halten zu den Palästinensern
Auch Israels Nachbarn schauen jetzt ganz genau hin. Die zuletzt versöhnliche Stimmung im arabischen Raum gegenüber dem jüdischen Staat kippt. Saudi-Arabien, das sich langsam, aber stetig an Israel angenähert hatte, hat die Normalisierungsbemühungen Ende Woche unterbrochen. Israels heftige Vergeltungsschläge gegen die arabischen Brüder in Gaza goutiert das Königshaus in Riad nicht.
Verärgert ist auch Israels südlicher Nachbar Ägypten, an dessen Grenzen Zehntausende verzweifelte Gaza-Palästinenser um Einreise betteln. Das wirtschaftlich schwer gebeutelte Land am Nil hat grad wenig Musse, den von Israel provozierten palästinensischen Exodus abzufedern.
Zu kippen droht die Stimmung auch in Israels östlichem Nachbarn Jordanien, wo 80 Prozent der Bevölkerung palästinensische Wurzeln haben. König Abdullah II gibt sich einzig und alleine deshalb noch diplomatisch, weil sein bitterarmes Land auf die Dollar-Hilfe aus den USA angewiesen ist. Syrien, schliesslich, steht seit der israelischen Besetzung seiner Golan-Höhen 1967 auf Kriegsfuss mit Jerusalem.
Heisse Proteste im europäischen Herbst
Gewaltig brodelt es derzeit im Westjordanland. Israel, das den illegalen Siedlungsbau im palästinensischen Gebiet zuletzt noch einmal stark ausbaute, spricht von mindestens zehn versuchten Terroranschlägen in der vergangenen Woche. Mindestens 55 Palästinenser wurden im Westjordanland bei Zusammenstössen mit der Armee getötet.
Zur Hamas im Süden und der Hisbollah im Norden kommt für Israel ein Unruheherd im Osten dazu. «Wir werden uns in unserer Heimat durchsetzen. Wir werden nichts aufgeben, egal, was es kostet», sagt ein anonym bleiben wollender Palästinenser aus der Stadt Nablus. «Wir sind gegen den Krieg. Aber wir wollen wenigstens in Frieden hier in unserem Land leben können.»
Wie rasch der Konflikt auch auf Europas Städte überschwappen kann, zeigten die jüngsten Massendemos. Frankreich setzt 7000 Soldaten zum Schutz von Kultureinrichtungen ein – aus Angst vor islamistischen Anschlägen. Basel und Zürich verbieten pro-palästinensische Kundgebungen. Kommt die Bodeninvasion in Gaza, dann könnten diese Proteste rasch ausarten. Pro-palästinensische und pro-israelische Gruppierungen halten sich in Europa ungefähr die Waage. Gewaltsame Zusammenstösse sind leider alles andere als abstruse Hirngespinste. Der Herbst könnte auch hier ein heisser werden.