Warum in den USA und China reihenweise diplomatische Vertretungen schliessen
Krieg der Konsulate

China hat das US-Konsulat in Chengdu schliessen lassen – als Retourkutsche auf die Schliessung der chinesischen Vertretung in Houston. Die Spannungen zwischen den beiden Weltmächten dürften weiter zunehmen. China-Kenner Matt Ferchen warnt: Europa muss aufpassen!
Publiziert: 25.07.2020 um 00:43 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2020 um 14:32 Uhr
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Satellitenschüsseln und ein Sportplatz: das amerikanische Konsulat in Chengdu.
Foto: Getty Images
Guido Felder

Der Streit der beiden Weltmächte eskaliert: Nachdem die USA am Mittwoch das chinesische Konsulat in Houston, Texas, schliessen liessen, hat nun Peking seinerseits dem 1985 eröffneten US-Konsulat in der südchinesischen Stadt Chengdu die Betriebslizenz entzogen.

Die Zwangsschliessung sei «eine legitime und notwendige Reaktion auf die unverschämten Massnahmen der Vereinigten Staaten», liess das chinesische Aussenministerium verlauten.

Akten verbrannt

Die USA werfen den Chinesen vor, vom Konsulat in Houston aus Institutionen und Personen überwacht zu haben. US-Aussenminister Mike Pompeo (56) bezeichnete die chinesische Einrichtung als «Zentrum der Spionage und des Diebstahls geistigen Eigentums» und warf China «Tyrannei» vor. Kurz vor der Schliessung verbrannten chinesische Angestellte eiligst im Hinterhof noch unzählige Akten.

Die Spannungen dürften weiter zunehmen. Denn US-Präsident Donald Trump (74) schliesst nicht aus, weitere Konsulate dichtzumachen. Seit Tagen halten sich Spekulationen, wonach die USA allen Mitgliedern der Kommunistischen Partei und deren Familien die Einreise verweigern könnten. Das dürften rund 270 Millionen Menschen sein.

Die Streitpunkte zwischen China und den USA

Zwischen den beiden Weltmächten herrscht seit mehreren Monaten heftiger Streit. Die Konfliktpunkte:

  • Zölle: Weil mehr Güter von China in die USA eingeführt werden als umgekehrt, hat Trump Strafzölle auf chinesische Waren erhoben. Dies führte zu einem seit 2018 herrschenden Handelsstreit.
  • Hongkong: Wegen der Einmischung Chinas in Hongkong hat US-Präsident Donald Trump (74) Sanktionen gegen China verhängt. Peking antwortete mit gleichen Gegenmassnahmen.
  • Uiguren: China hält rund eine Million Uiguren in Umerziehungslagern gefangen. Peking reagierte wütend, als die USA dieses Jahr ein Gesetz einführten, das Strafen für die Verfolgung der ethnischen Minderheit vorsieht.
  • Südchinesisches Meer: China hat mehrere künstliche Inseln aufgeschüttet und beansprucht über 80 Prozent des Meers wegen der wichtigen Schifffahrtsstrassen und der Rohstoffe für sich.
  • Spionage: Die USA werfen China vor, amerikanische Produkte zu kopieren und wissenschaftliche Forschungen zu hacken.
  • Corona: Trump gibt China für den Ausbruch des Coronavirus die Schuld. Er hat angekündigt, das Land zur Rechenschaft zu ziehen und eine Rechnung mit einem «sehr substanziellen» Betrag zu stellen.

Matt Ferchen, Forschungsleiter Global China beim Mercator Institute for China Studies in Berlin, sagt auf Anfrage zu BLICK: «Im Hinblick auf die US-Präsidentschaftswahl im November müssen wir uns auf eine Achterbahn instabiler und sich weiter verschlechternden Beziehungen zwischen den USA und China gefasst machen.»

Für Europa würde dies zur grossen Herausforderung. Ferchen: «Europa muss aufpassen, dass es nicht ins Fadenkreuz dieser zunehmenden Spannungen gerät.»

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