Wladimir Putin (69) will zwar keine Generalmobilmachung in Russland ausrufen, aber trotzdem weitere Soldaten in den Ukraine-Krieg schicken. Freiwillige scheinen rar zu sein. Berichte über Russen, die keine Lust drauf haben, im Nachbarland zu kämpfen und unter Umständen zu sterben, häufen sich.
Also rekrutieren Putin-Vertraute auf anderen Wegen. Dabei scheint der Regierung jedes Mittel recht zu sein. Auch vor Kriminellen wird nicht zurückgeschreckt. Bereits im August tauchten Meldungen auf, dass «Putins Koch» und Chef der Wagner-Gruppe, Jewgeni Prigoschin (61), Söldner in Straflagern rekrutiert.
Jetzt wurde ein neues Video im Netz publiziert. Es soll Prigoschin höchstpersönlich in einem Gefängnis in der Stadt Joschkar-Ola, 760 Kilometer östlich von Moskau, zeigen.
«Der Krieg ist hart»
Er steht auf einem Platz, umgeben von mehreren Dutzend Häftlingen. «Ich bin ein Vertreter der Gruppe Wagner», stellt sich der Mann vor. «Der Krieg ist hart und gleicht nicht mal annähernd dem Tschetschenien-Krieg oder anderen Kriegen», sagt er. Dabei verwendet er tatsächlich das Wort «Krieg» – entgegen der vom Kreml offiziell verwendeten Bezeichnung «militärische Spezialoperation».
Prigoschin erklärt den Männern, wer für den Krieg in Frage käme. «Wir brauchen nur Sturmtruppen. 60 Prozent von meinen Jungs sind bei den Sturmtruppen und ihr werdet ein Teil davon sein. Ihr werdet nicht anders sein als wir. Man wird euch gegenüber vielleicht sogar etwas loyaler sein als gegenüber den Männern, die schon lange bei mir sind und schon Dutzende Kriege hinter sich haben.»
Das Mindestalter liege bei 22 Jahren. Wer jünger sei, brauche eine Einwilligung von engen Verwandten, dass sie einverstanden seien. Die potenziellen Krieger sollen zudem nicht älter als 50 Jahre sein. Wer allerdings stark und kräftig sei, könne auch mitkommen. Direkt vor Ort beim «Vorstellungsgespräch» würden ein paar Übungen durchgeführt, die eine gute physische Verfassung beweisen sollen. Seine Leute würden sich zwei bis drei Stunden Zeit für die «Bewerbung» nehmen, «jedem in die Augen schauen» und einige Fragen stellen.
Drogen und Vergewaltigung sind Tabu
Dann stellt er seine wichtigsten Regeln vor. Wer bei der Wagner-Truppe mitmache, dürfe im Krieg keinen Alkohol trinken und keine Drogen nehmen. Ausserdem seien «Plünderung sowie sexuelle Kontakte mit einheimischen Frauen» verboten.
Eine weitere «Sünde», wie er sagt, sei die Fahnenflucht. «Keiner zieht sich zurück und keiner ergibt sich», warnt er und droht: «Diejenigen, die anreisen und am ersten Tag denken ‹Ich bin hier am falschen Ort gelandet›, bekommen von uns den Vermerk ‹Deserteur› und werden erschossen!»
Doch es soll nicht nur Peitsche, sondern auch Zuckerbrot geben. «Nach einem halben Jahr kehrt ihr zurück nach Hause. Ihr erhaltet Amnestie. Diejenigen, die bei uns bleiben möchten, werden bei uns bleiben.» In den Knast werde aber keiner wieder müssen, verspricht Prigoschin.
Gleichzeitig spricht er unverblümt darüber, dass auch der Tod eine Option sei. «Habt ihr jemanden, der euch mit einem Urteil von zehn Jahren Haft aus dem Knast holen kann? Was glaubt ihr? Es gibt zwei – Allah und Gott. Und zwar in einem Sarg. Ich hole euch dagegen lebendig raus. Aber ich bringe euch nicht immer lebendig zurück.» Mit der richtigen Einstellung sollte das in seinen Augen aber kein Problem werden. «Diejenigen, die vorwärtsgehen, sind die Wachsamsten, sie überleben. Diejenigen, die zurückweichen, die nicht wissen, was zu tun ist, geraten zwischen die Fronten.»