Der als Kreml-nah geltende Oligarch Oleg Deripaska (54) sieht die russische Wirtschaft mit den westlichen Sanktionen besser zurechtkommen als gedacht, warnt aber vor einer Zerstörung der Ukraine. «Ich denke, es wäre ein kolossaler Fehler, die Ukraine zu zerstören», sagte Deripaska am Dienstag in Moskau laut der Nachrichtenagentur RB.
Die derzeitigen westlichen Sanktionen hingegen bezeichnete er als «schnell verderbliche Ware». «Wir verstehen, dass sie in eineinhalb Jahren nicht nur sinnlos sind, sondern in die entgegengesetzte Richtung arbeiten», behauptete er.
Zwar träfen die Sanktionen die russische Wirtschaft hart, doch Russland habe sich überraschend gut an die neue Lage angepasst. Für die Überwindung der Krise gebe es zwei Szenarien, sagte Deripaska: Bei einer Stützung der marktwirtschaftlichen Kräfte durch den Kreml sei diese in vier Jahren überstanden – wenn es keine Unterstützung gebe, werde es acht bis neun Jahre dauern.
Die Sanktionen würden auf Dauer den Initiatoren selbst schaden. Wenn es keinen Frieden bis Jahresende gebe, werde im vierten Quartal eine globale Rezession beginnen, prognostizierte er.
«Kein potenzieller Regimewechsel» in Russland
Die politische Lage in Russland hingegen bezeichnete Deripaska als stabil. Im Land gebe es «kein Potenzial für einen Regimewechsel». Die Opposition habe die Flucht ins Ausland vorgezogen. Es sei nicht davon auszugehen, dass Männer wie Michail Fridman (58), Pjotr Awen (67) oder der frühere Yukos-Chef Michail Chodorkowski (59) «zu den Waffen greifen und auf Panzern in die Region Brjansk durchbrechen», im Westen Russlands, sagte der 54-Jährige. Deripaska stufte die Milliardäre Fridman und Awen als Oppositionelle ein, obwohl beide auf den westlichen Sanktionslisten stehen. Den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine haben sie allenfalls vorsichtig kritisiert.
Deripaska selbst hatte zu Kriegsbeginn ebenfalls zu Verhandlungen und einem schnellen Friedensschluss aufgerufen. Die wirtschaftlichen Folgen des Kriegs würden die Krise 1998, als Russland einen Staatsbankrott erlitt, um das Dreifache übertreffen, prognostizierte er damals und sprach von einem «Wahnsinn». Nun hat Deripaska seine pessimistische Einschätzung – zumindest in der Öffentlichkeit – revidiert. Die russische Wirtschaft habe sich «gefestigter als erwartet» erwiesen, so der Oligarch.
Deripaska in Skandal um Putschversuch verwickelt
Erst vor kurzem war Oligarch Deripaska zudem noch in einen Skandal um einen angeblichen Putschversuch von Präsident Wladimir Putin (69) verwickelt. Laut Menschenrechtler Wladimir Osetschkin (41), der aus Furcht vor Putins Regime im Exil lebt, wurde ein Putschversuch geplant – aus dem engsten politischen Kreis um Putin!
An der Spitze der Putsch-Bewegung finden sich laut Osetschkin zwei Hardliner. Zum einen Nikolai Patrushew (70), der auch schon als potenzieller Nachfolger von Putin gehandelt wurde und zum anderen kein Geringerer als Tschetschenen-Anführer Ramsan Kadyrow (45).
Um ihren Plan umzusetzen, haben sich die beiden einen gewitzten Plan einfallen lassen und diesen vor bald zwei Wochen gestartet. An diesem Tag hielt der russische Präsident eine Rede auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Diese wurde allerdings kurzfristig eine Stunde nach hinten verschoben – offiziell aufgrund einer Cyber-Attacke.
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Doch laut Osetschkin stimme das gar nicht: Viel eher habe der russische Geheimdienst von einem geplanten Attentat auf Putin erfahren. Das Attentat sei allerdings nur inszeniert gewesen. Einer der Verschwörer im Geheimdienst FSB nahm dazu unter einem Deckmantel mit dem ukrainischen Geheimdienst SBU Kontakt auf. Der SBU schickte daraufhin ein fingiertes SMS zum geplanten «Attentat» an die Tochter des Kreml-Sprechers Dmitri Peskow (54) und den Sohn sowie die Ehefrau des Oligarchen Deripaska.
Mit diesem SMS sollten Peskows Kinder und Deripaskas Ehefrau anschliessend als Miteingeweihte dargestellt werden. Es solle wirken, schreibt Osetschkin, wie wenn die Kinder von Putins engsten Vertrauten vom «Mordplan» gewusst hätten. Putin solle mit diesem Plan Stück für Stück das Vertrauen in seine engen Top-Leute verlieren, destabilisiert und im richtigen Moment gestürzt werden.
Und es kommt noch dicker: Laut «Bild» war Deripaska sogar höchstpersönlich bei der Rede Putins anwesend und das, obwohl er eigentlich behauptete, keine Zeit für die Rede zu haben. Osetschkin ist sich aber sicher: Der Oligarch sei von russischen Geheimdienstmitarbeitenden zur Teilnahme gezwungen worden. (chs/SDA)