Auf einen Blick
- Russischer Top-General Igor Kirillow bei Bombenanschlag getötet, Ukraine reklamiert Verantwortung
- Ukrainischer Geheimdienst liquidierte zahlreiche ranghohe politische Gegner und Überläufer
- Sprengsatz mit wenigen Hundert Gramm Gewicht an E-Roller angebracht
Die Nachricht vom Tod des russischen Top-Generals Igor Kirillow (†54) verbreitete sich am Dienstagmorgen in Windeseile. Bei einem geplanten Bombenanschlag kam der als Putin-Freund bekannte Militär ums Leben. Den Anschlag für sich reklamiert hat der ukrainische Geheimdienst (SBU). Kurz nach der Detonation des Sprengsatzes gab ein Sprecher gegenüber dem «Spiegel» an, Agenten hätten Kirillow in einer «Spezialoperation» eliminiert.
Ein Blick auf die Operationen des ukrainischen Geheimdienstes zeigt: In den vergangenen Monaten liquidierten die Spione bereits zahlreiche ranghohe politische Gegner. Dabei fielen nicht nur Militärs den Angriffen zum Opfer – es traf auch Wissenschaftler, Überläufer und kremltreue Propagandisten. Und: Die Agenten greifen zu immer ausgeklügelteren Methoden.
Sprengsatz so leicht wie drei Tafeln Schokolade
Im aktuellen Fall sollen die Spione einen Sprengsatz mit einem Gewicht von wenigen Hundert Gramm an einem E-Roller angebracht haben. Dieser detonierte, als Kirillow sein Haus verliess.
Das Verstecken von Bomben in Fahrzeugen scheint beim SBU System zu haben. In mindestens drei Fällen wurde explosives Material an Fahrzeugen wie E-Rollern oder Autos angebracht, um Gegner zu eliminieren. Der Vorteil: Sie sind unscheinbar und stehen an jeder Strassenecke. Dadurch ziehen sie kaum Aufmerksamkeit auf sich. Wie die BBC in einer aktuellen Recherche schreibt, wirbt der SBU oft Auftragskiller für die Taten an.
Folgende Todesfälle scheinen auf das Konto des ukrainischen Geheimdienstes zu gehen. Sie zeigen, wie weit sich Kiews Geheimdienst bereits in den Sicherheitsstrukturen Moskaus befindet.
Raketen-Forscher Michail Schazki
Vor einer Woche gab der ukrainische Militärgeheimdienst HUR an, den Raketenwissenschaftler Michail Schazki getötet zu haben. Er soll russische Raketensysteme massgeblich modernisiert und weiterentwickelt haben. Er wurde bei einer «Spezialoperation» ermordet und in einem Waldstück eines Vorortes von Moskau aufgefunden. Wie Schazki genau starb, ist nicht bekannt.
Drohnenspezialist durch explodierenden SUV getötet
Auch der Sicherheitschef des Kernkraftwerks Saporischschja, Andriy Korotkyy, starb Anfang Oktober durch eine Autobombe. Der ukrainische Militärgeheimdienst HUR bezeichnete ihn in einem Video als «Kriegsverbrecher» und veröffentlichte auf Telegram das Video eines explodierenden weissen SUVs. Diverse ukrainische Medien sprachen auch hier von einer «Spezialoperation» Kiews.
Hinzu kommt: Der russische Oberst Alexei Kolomeitsew bildete Spezialkräfte für den Umgang mit Angriffsdrohnen auf dem Schlachtfeld aus – er wurde ebenfalls liquidiert. Im Gegensatz zum Fall Korotkyy finden sich zur Ermordung Kolomeitsews nur spärliche Informationen.
Mordanschläge auf ukrainische Überläufer
Im Dezember 2023 bekannte sich der Geheimdienst zur Eliminierung von Illja Kiwa. Der ukrainische Politiker war nach Russland übergelaufen. Er wurde in einem Hotel bei Moskau durch Schüsse tödlich verletzt. Der Auftragskiller schaffte es unbemerkt auf das Grundstück des Komplexes.
Er ist nicht der einzige Ukrainer, der seine Verbindungen zu Russland mit dem Leben bezahlen musste. Oleg Zarjow, ehemaliger Präsidentschaftskandidat, starb im selben Monat nach einem Mordanschlag. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, dass die Attacke auf den SBU zurückzuführen sei.
Darja Dugina
Darja Dugina (†29) kam im August 2022 ums Leben. Die Tochter von Kreml-Propagandist Alexander Dugin (62) war eine Hetzerin gegen den Westen. Sie bezeichnete die Ukrainer mehrfach als «Unmenschen». Dugina wurde ebenfalls durch eine Autobombe getötet.
Bis heute ist unklar, ob der Anschlag der damals 29-Jährigen galt oder ob ihr Vater hätte sterben sollen. US-Geheimdienste machen die Ukraine für den Mord an Dugina verantwortlich.