Seit er als Präsident an der Macht ist, hat Wladimir Putin (69) der freien Presse das Leben schwer gemacht. Nun aber schaltet er mit der Zensur noch einen Gang höher.
Denn: Die Menschen in Russland sollen nicht wissen, was russische Truppen in der Ukraine anrichten. Die Zensur wird gerade in Rekordzeit vollzogen und noch ist kein Ende in Sicht. Wie die «Zeit» berichtet, ist beispielsweise der Zugang zu Twitter und Facebook seit dem Wochenende gesperrt.
Immer länger wird auch die Liste der blockierten Medien: Die Deutsche Welle, die BBC oder die russische Nachrichtenplattform Medusa sind nicht mehr aufrufbar. Der Grund: Sie nennen den Krieg beim Namen und verwenden nicht den vom Kreml vorgeschriebenen Ausdruck «militärische Spezialoperation».
«Millionen von Russen von verlässlichen Informationen abgeschnitten»
«Die letzten verbliebenen Räume für freie Meinungsäusserung und wahrheitsgemässe Informationen werden geschlossen», schreibt Alina Polyakowa, Professorin an der John Hopkins University auf Twitter.
Sie ist mit ihrer Kritik nicht allein. Auch Nick Clegg (55), der Vizepräsident von Meta (ehemals Facebook), findet klare Worte: «Bald werden Millionen von einfachen Russen von verlässlichen Informationen abgeschnitten sein und zum Schweigen gebracht werden.»
Immerhin: Von der Sperre scheint zurzeit nur Facebook betroffen zu sein. Die anderen Apps des Meta-Konzerns wie WhatsApp oder Instagram funktionieren weiterhin.
«Souveränes Internet» – angeblich zum Schutz vor Cyberangriffen
Anders als in China ist das Internet in Russland also nicht komplett gesperrt. Das dürfte sich aber am 11. März ändern. Russland hat alle staatlichen Websites und Dienste angewiesen, auf das russische Domain-Namen-System umzusteigen, wie der Nachrichtendienst «Nexta» auf Twitter schreibt. Angeblich zum Schutz vor ausländischen Cyberangriffen.
Der wahre Grund dürfte wohl ein anderer sein. Bei Tests im Juni und Juli 2021 ist es Russland gelungen, sich vom weltweiten Internet zu trennen. Schon seit Längerem verfolgt Russland das Ziel, ein «souveränes Internet» zu erschaffen. Putin hätte damit die volle Kontrolle darüber, was die Bevölkerung sehen darf und was nicht.
15 Jahre Haft für Fake-News
Putin will nichts dem Zufall überlassen und geht mit eiserner Hand gegen Abweichler vor. So drohen sowohl Russinnen und Russen als auch ausländischen Bürgern für die Verbreitung von kritischen Informationen über den Krieg 15 Jahre Haft. Am Freitagabend wurde das Gesetz von ihm unterzeichnet.
Mit Erfolg: Die letzten unabhängigen russischen Medien, darunter die «Nowaja Gaseta», haben bereits angekündigt, dass sie keine Berichterstattung über den Ukraine-Krieg mehr machen werden.
Aber nicht nur inländische Medien reagieren, auch ausländische Sender wie BBC, ZDF, ARD oder CNN stellen ihre Tätigkeit in Russland ein. So hat SRF ebenfalls seinen Rückzug aus Moskau angekündigt. Damit ist klar: Putin hat nicht nur der Ukraine, sondern auch der freien Presse den Krieg erklärt.
Zensur kann (noch) umgangen werden
Trotzdem kann sich die russische Bevölkerung auch jetzt noch wahrheitsgetreu über den Krieg informieren. Dafür muss sie allerdings in die Trickkiste greifen. Mit sogenannten VPN (englisch für «Virtual Private Networks») lässt sich die Internetsperre umgehen. Zumindest vorerst. Denn auch diese können von den Behörden durch Netzsperren ausgebremst werden, schreibt der «Spiegel».
So verwundert es nicht, dass Informationen über den Massenexodus westlicher Firmen wie Apple, Volkswagen oder Ikea aus Russland nur sehr langsam zur Bevölkerung durchdringt.
Vor diesem Hintergrund haben vor allem junge Russinnen und Russen in den letzten Tagen fluchtartig das Land verlassen. Da sie in westlichen Ländern aber ohne Visum nicht mehr einreisen dürfen, mussten sie grösstenteils auf afrikanische Länder ausweichen. (ced)