Vogelzählung weltweit
Es gibt 1,6 Milliarden Spatzen - aber nur 3000 Kiwis

Der Haussperling – bekannt als Spatz – gehört zu den bekanntesten Vögeln überhaupt. Doch selbst seine Bestände schrumpfen vielerorts. Wie viele Piepmätze gibt es überhaupt noch auf der Erde? Forscher haben sich an einer Zählung versucht.
Publiziert: 18.05.2021 um 07:06 Uhr
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Aktualisiert: 18.05.2021 um 09:22 Uhr
Das in Australien beheimatete Schwarzbrust-Laufhühnchen ist mit unter 100 Exemplaren der seltenste Vogel der Welt. Der häufigste ist, nicht unerwartet, der Spatz. 1,6 Milliarden Exemplare soll es weltweit geben (Wikimedia commons).
Foto: Wikimedia commons, rechtefrei

Rund 50 Milliarden Vögel gibt es auf der Erde - also etwa sechs je Mensch. Das geht aus einer Hochrechnung australischer Wissenschaftler hervor. Es existieren nur noch wenige Arten mit mehr als einer Milliarde Exemplaren, zahlreiche Arten hingegen sind selten oder sehr selten. Zu den noch recht häufig vorkommenden Vögeln zählen Spatz und Rauchschwalbe, zu den seltenen die Kiwis.

Die Studie des Teams um William Cornwell von der University of New South Wales (UNSW) in Sydney (Australien) wird im Fachmagazin «Proceedings» der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS") vorgestellt. Die Forscher kombinierten wissenschaftliche Erhebungen einzelner Arten in bestimmten Verbreitungsgebieten mit den fast eine Milliarde Einträgen in der Internetdatenbank «eBird». Darin tragen rund 600'000 Bürgerwissenschaftler Vogelsichtungen ein.

Cornwell und Kollegen ermittelten aus den Forschungsdaten für 724 Arten, wie viele von ihnen pro Flächeneinheit geschätzt vorkommen. Dies glichen sie mit der Häufigkeit der Sichtung dieser Arten bei «eBird» ab. Zudem berücksichtigten sie, wie oft eine Vogelart aufgrund ihres Aussehens und ihrer Lebensgewohnheiten wahrscheinlich von Menschen entdeckt wird. So werden Vögel, die in der Nähe von Siedlungen brüten, häufiger gesichtet als diejenigen, die sich in entlegenen Gegenden aufhalten.

Aus diesen Vorgaben entwickelten die Forscher eine Schätzung für die globale Häufigkeit von 9700 Vogelarten - etwa 92 Prozent aller bekannten Vogelarten. Die übrigen acht Prozent wurden wegen unsicherer Datenlage nicht in die Schätzung aufgenommen. Da es sich jedoch durchweg um seltene Arten handelt, würde ihre Zahl auch kaum zur Gesamtzahl der Vögel beitragen, erläutern die Forscher.

Nach ihren Berechnungen gibt es nur vier Arten, von denen mehr als eine Milliarde Individuen existieren: der Haussperling oder Spatz (Passer domesticus; 1,6 Milliarden), der Star (Sturnus vulgaris; 1,3 Milliarden), die Ringschnabelmöwe (Larus delawarensis; 1,2 Milliarden) und die Rauchschwalbe (Hirundo rustica; 1,1 Milliarden).

Vom in australien beheimateten Schwarzbrust-Laufhühnchen Turnix melanogaster hingegen gibt es nur noch etwa 100 Exemplare. Etwa 12 Prozent der Arten haben nur noch eine Bestandsgrösse von weniger als 5000 Tieren, darunter die extrem seltene Bernsteinseeschwalbe (Thalasseus bernsteini), der lange ausgestorben geglaubte Braunbauch-Dickichtvogel (Atrichornis clamosus) und die flugunfähige Trommelralle (Habroptila wallacii).

Das Beziffern der Häufigkeit einer Art sei ein entscheidender erster Schritt für deren Erhaltung, schreiben die Forscher. «Indem wir richtig zählen, was da draussen ist, lernen wir, welche Arten anfällig sein könnten, und können verfolgen, wie sich diese Muster im Laufe der Zeit ändern», erklärt Erstautor Corey Callaghan von der UNSW. Die Forscher untersuchten, ob ein seltenes Vorkommen typisch für bestimmte Gruppen von Vögeln ist, konnten aber kein generelles Muster finden. Am seltensten waren Vögel aus den Familien der Kiwis (3000) und der Stelzenrallen (154'000).

Für die Studie wurden auch Daten zur Ernährung erfasst: Die meisten der derzeit lebenden Vögel fressen wirbellose Tiere wie Würmer (15 Milliarden), viele sind aber auch Allesfresser (13 Milliarden). Am seltensten sind Aasfresser (194 Millionen) und Vögel, die von Blütennektar leben (479 Millionen).

Wie sich diese und andere Zahlen entwickeln, könnte jeweils alle fünf bis zehn Jahre erfasst werden, schreiben die Forscher. «Wenn ihre Populationszahl sinkt, könnte dies eine echte Alarmglocke für die Gesundheit unseres Ökosystems sein», hebt Cornwell hervor.

Die Forscher gehen davon aus, dass ihre Methode auch für andere Tierarten angewendet werden könnte. Sie befürworten auch, dass sich möglichst viele interessierte Laien als Bürgerwissenschaftler betätigen. «Es kann so einfach sein - wie nachzuschauen, ob Sie etwas aus dem Fenster sehen können, während Sie morgens Ihren Kaffee trinken», so Cornwell.

* Fachartikelnummer DOI: 10.1073/pnas.2023170118

(SDA)

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