Bei den US-Zwischenwahlen haben sich in den ersten Stunden der Auszählung bereits Dutzende republikanische Kandidaten durchgesetzt, die den Ausgang der Präsidentenwahl 2020 offen angezweifelt hatten.
Nach einer Aufstellung der «Washington Post» gewannen in den ersten Stunden nach Schliessung der ersten Wahllokale bereits 133 sogenannte Wahlleugner ihre Abstimmungen, darunter viele Kongressabgeordnete, aber auch Gouverneure, Staatssekretäre und Generalstaatsanwälte. Viele weitere Rennen waren zunächst noch offen.
Die Zeitung hatte vorab zusammen mit der renommierten US-Denkfabrik Brookings 291 republikanische Kandidaten für verschiedene Mandate und Ämter im Bund oder in den Bundesstaaten identifiziert, die die Wahlbetrugsbehauptungen des früheren republikanischen Präsidenten Donald Trump (76) geteilt und Zweifel am Ablauf von Wahlen gesät hatten. Das ist knapp mehr als die Hälfte aller Kandidierenden der Republikaner.
Trump wettert schon wieder
Trump hatte die Präsidentschaftswahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden (79) verloren. Trump weigert sich aber bis heute, seine Niederlage einzugestehen. Der Republikaner verbreitet weiterhin unbelegte Behauptungen, er sei damals durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden.
Und Trump streute auch am Dienstag Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Zwischenwahlen. Wo die Demokraten gewannen, sprach er über angebliche Unregelmässigkeiten.
In Detroit sei Wählern im Wahllokal gesagt worden, sie hätten schon abgestimmt: «Dies geschieht in grosser Zahl, auch andernorts. Protestieren, protestieren, protestieren!», schrieb Trump auf der von ihm mitgegründeten Social-Media-Plattform «Truth Social». Belege für seine Behauptungen legte er nicht vor.
Angst um Verlust der Demokratie
Die Wahl der Wahlleugner bereitet dem in Monterey lebendem Schweizer Vinz Koller (59), der für die Demokraten arbeitet, grosse Sorgen. Er fürchtet, dass in gewissen Staaten das geltende Wahlgesetz nicht akzeptiert wird und kurzfristig die Regeln geändert werden könnten, indem zum Beispiel gewisse Stimmen aus formellen Gründen nicht zugelassen würden.
Koller zu Blick: «Leute der republikanischen Partei arbeiten daran, das Sicherheitsgefühl zu untergraben.» Er sehe die Demokratie in den USA in Gefahr. «Die Bedrohung ist so gross wie noch nie.»
Koller ist 1986 von Schaffhausen nach Kalifornien ausgewandert. Als demokratischer Vertreter des Electoral College hat er schon drei Mal den US-Präsidenten mitgewählt. Er war Präsident der Demokraten im Monterey County, das rund 450’000 Einwohner zählt. Bei den aktuellen Midterms ist er als Mailcampaign-Leiter für die gedruckte Wahlwerbung verantwortlich.