Sie sind «unverwundbar», eine «Wunderwaffe» und der militärische Stolz von Russlands Präsident Wladimir Putin (70): die Kinschal-Hyperschallraketen. Das behauptet zumindest Russland. Und tatsächlich: Aufgrund ihrer hohen Geschwindigkeit und Wendigkeit haben viele Luftabwehrsysteme mit den Raketen zu kämpfen.
Seit dem Ukraine-Krieg hat sich um die Raketen geradezu eine Art Mythos entwickelt, die Rakete gilt als äusserst schwierig zu entdecken. Die Kinschal – auf Deutsch «Dolch» – übertreffen laut russischen Angaben die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches, sind nuklearwaffenfähig und Ziele in bis zu 2000 Kilometern Entfernung können «mühelos» getroffen werden.
Dass sie aber gar nicht so unzerstörbar sind, wie Russland gerne behauptet, hat die Ukraine in den letzten Wochen immer wieder bewiesen. Nach eigenen Angaben ist es der ukrainischen Luftabwehr vergangene Woche und in der Nacht auf Dienstag gelungen, mehrere Raketen des Typs abzufangen. Der ukrainische Luftwaffengeneral Mykola Oleschtschuk (50) sah darin ein «historisches Ereignis».
Verwundbarkeit ist «überraschend» und «peinlich»
Ein herber Schlag für Russland. Das schreibt zumindest das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch auf Twitter. «Die offensichtliche Verwundbarkeit der Kinschal ist für Russland wahrscheinlich sowohl überraschend als auch peinlich.»
Aber wie ist es der Ukraine gelungen, diese «Wunderwaffe» der Russen abzuschiessen? Die Antwort: Das amerikanische Luftabwehrsystem Patriot, das seit April von der Ukraine verwendet wird. Dieser Meinung ist Markus Schiller, Fachmann für Fernflugkörper an der Universität der Bundeswehr in München, wie er gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sagt. «Die Patriot-Systeme der Ukraine sollten in der Lage sein, diese Raketen abzuschiessen.»
Das Patriot-System ist das wirksamste, das die Ukraine bisher erhalten hat – und gilt sogar als das beste der Welt. Es kann bis zu 50 Ziele im Blick behalten und fünf Objekte gleichzeitig bekämpfen. Ein Dorn im Auge der russischen Armee: Konnte sich die Ukraine zuvor nicht vor den mächtigen Kinschal-Raketen schützen, müssen nun die Russen zittern.
Russische Armee hat zu wenig Kinschal-Raketen
Denn: Nach Angaben des Institute for the Study of War (ISW) verfügte Russland nur über etwa 50 Kinschals. Bereits im März hat Russland sechs dieser Raketen auf die Ukraine abgefeuert, damals haben sie grosse Zerstörung angerichtet. Diese Woche waren es nochmals derer sechs, dieses Mal aber dank des Patriot-Systems mit weniger verheerenden Folgen für die Ukraine.
Die russische «Wunderwaffe» Kinschal
Die Kinschal-Bestände werden also langsam knapp. Kein Wunder also, versucht Russland das Narrativ über den Vorfall umzukehren und von seiner eigenen Verwundbarkeit abzulenken: Nach der Meldung der Ukraine, sie habe alle russischen Raketen abgewehrt, gab das russische Militär an, ein westliches Patriot-Luftabwehrsystem mit einer Kinschal zerstört zu haben. Die Angaben konnten nicht unabhängig überprüft werden, die Ukraine dementiert dies.