Verlust der Mehrheit?
Orban muss um Präsidentschaft bangen

Viktor Orban ist seit 2010 Ministerpräsident Ungarns und bangt das erste Mal seit zwölf Jahren um seine Wiederwahl. Péter Márki-Zay hat sechs Oppositionsparteien hinter sich vereint, um die Parlamentswahlen zu gewinnen.
Publiziert: 03.04.2022 um 10:14 Uhr
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Aktualisiert: 04.04.2022 um 08:18 Uhr
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Die Fidesz-Partei (Ungarischer Bürgerbund) ist noch die stärkste Macht in Ungarn.
Foto: AFP
Dominik Mate

Heute finden in Ungarn Parlamentswahlen statt – und zum ersten Mal seit zwölf Jahren könnte Viktor Orban (58) nicht als Sieger daraus hervorgehen. Denn heute stellt sich ihm eine geschlossene Opposition in den Weg: Sechs Parteien haben sich vereint, um seine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament zu brechen.

Fast ein Einparteienstaat

Der Premier und seine Fidesz-Partei haben Ungarn bislang fest im Griff, sie kontrollieren weite Teile der Staatsverwaltung, der Justiz und Medien, nicht einmal Änderungen der Verfassung waren ein Problem. Deshalb kann auch nur Orban einen wirklich professionellen Wahlkampf betreiben. Eine «Führer-Demokratie» nennt der österreich-ungarische Publizist Paul Lendvai das bestehende politische System, bei dem der Ministerpräsident in allen Dingen das letzte Wort hat.

Orbans Gegenspieler heisst Peter Marki-Zay (49). Der Bürgermeister von Hodmezovasarhely, einer Stadt mit 50'000 Einwohnern im Süden des Landes, hat zwar keine eigene Partei im Rücken. Gerade deshalb aber schaffte er es, die Opposition mit seinem pro-europäischen, aber konservativen Kurs zu einen. Marki-Zay, ein ausgezeichneter Redner, will eine «Revolution der kleinen Leute», die zu einem «neuen, anständigen Ungarn» führen soll.

Erinnerungen an den ungarischen Volksaufstand von 1956

Die Hürden für einen echten Wechsel sind allerdings enorm hoch: Marki-Zays «Koalition der Sauberen» braucht eine klare Mehrheit, um Orbans Vorherrschaft zu brechen und mit der grassierenden Korruption aufzuräumen. In die Hände spielen dürfte ihm, dass Orban als Putin-Freund gilt und sich auch nach der Invasion der Ukraine nicht wirklich von seinem russischen Partner distanziert hat.

Sogar in der Fidesz-Partei sorgt das für Unmut, da sich nicht wenige an den Einmarsch der sowjetischen Truppen 1956 und die daraufhin niedergeschlagene ungarische Revolution erinnert fühlen.

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