Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban (58) wankt. Sechs Parteien haben sich verbündet, um bei den Parlamentswahlen vom 3. April gegen ihn anzutreten. Die Gruppierungen von Mitte links bis rechts aussen unterscheiden sich völlig voneinander, haben aber eine gemeinsame Mission: Orban stürzen.
Das Anti-Orban-Bündnis Mindenki Magyarorszaga Mozgalom (Ungarn gehört jedem) schickt Peter Marki-Zay (49) als Herausforderer ins Rennen. Der Bürgermeister der Kleinstadt Hodmezövasarhely sagte in einem Interview mit Blick, dass er sein Land aus dem Korruptionssumpf führen und homophobe Gesetze abschaffen wolle.
Peter Marki-Zay (49) ist der erste Herausforderer, der den von 1998 bis 2002 und erneut seit 2010 regierenden ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban (58) ernsthaft gefährden kann. Seit 2018 ist er Bürgermeister der 44'000 Einwohner zählenden Kleinstadt Hodmezovasarhely, einer Fidesz-Hochburg im Süden Ungarns. Schon bei diesen Wahlen hatte er auf ein Bündnis mit anderen Oppositionsparteien gesetzt.
Seine Stärke: Als Konservativer aus dem ungarischen Tiefland, bekennender Katholik und Vater von sieben Kindern kann er konservative Wähler auf dem Land ansprechen. Zugleich vergrault er die urbanen, eher linken Wähler der Grossstädte nicht, weil sich sein Konservativismus mit Weltoffenheit, Toleranz und Kompromissfähigkeit verbindet.
Marki-Zay studierte Wirtschaft, Elektrotechnik und Geschichte. Von 2004 bis 2009 lebte er mit seiner Familie in Kanada und den USA. In die Politik stieg er erst 2018 ein. (gf)
Peter Marki-Zay (49) ist der erste Herausforderer, der den von 1998 bis 2002 und erneut seit 2010 regierenden ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban (58) ernsthaft gefährden kann. Seit 2018 ist er Bürgermeister der 44'000 Einwohner zählenden Kleinstadt Hodmezovasarhely, einer Fidesz-Hochburg im Süden Ungarns. Schon bei diesen Wahlen hatte er auf ein Bündnis mit anderen Oppositionsparteien gesetzt.
Seine Stärke: Als Konservativer aus dem ungarischen Tiefland, bekennender Katholik und Vater von sieben Kindern kann er konservative Wähler auf dem Land ansprechen. Zugleich vergrault er die urbanen, eher linken Wähler der Grossstädte nicht, weil sich sein Konservativismus mit Weltoffenheit, Toleranz und Kompromissfähigkeit verbindet.
Marki-Zay studierte Wirtschaft, Elektrotechnik und Geschichte. Von 2004 bis 2009 lebte er mit seiner Familie in Kanada und den USA. In die Politik stieg er erst 2018 ein. (gf)
Die Chancen der Allianz sind sogar intakt, auch weil sie gut organisiert ist. Edina Szöcsik (42), Politikwissenschaftlerin an der Uni Basel, sagt gegenüber Blick: «Die aktuellen Umfrageresultate reichen von einer Zweidrittelsmehrheit für Orban bis zu einer Mehrheit der oppositionellen Allianz.»
Vielen ist Orban zu nahe an Putin
Die Gegner werfen Orban vor, zu sehr mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin (69) anzubändeln und so einen Keil in die EU zu treiben. Orban vermied nach der Invasion der Russen in die Ukraine anfänglich das Wort «Krieg». Er lehnt auch Waffenlieferungen über ungarisches Gebiet ab.
Auch kritisieren Orbans Gegner, dass er die Sanktionen gegen den Kreml nur zögerlich mittrage. Das hat aber einen Grund: Energiepolitisch hat sich das EU- und Nato-Mitglied Ungarn mit langfristigen Gaslieferungsverträgen und zwei neuen Kernkraftreaktoren, die von Russland finanziert werden und die auf russischer Technologie basieren, in ein Abhängigkeitsverhältnis zu Moskau begeben. Heute bezieht Ungarn rund 70 Prozent des Gases aus Russland.
Wenn Orban gewinnt
Sollte Orban am 3. April als Ministerpräsident bestätigt werden, dürfte er seine Politik im gleichen Rahmen weiterführen. «Der Spielraum von Orban in der Energiepolitik ist sehr eingeschränkt. Der finanzielle Preis für den Abbau der Abhängigkeiten von Russland in der Energieversorgung wäre sehr hoch», sagt Szöcsik.
Zudem wäre ein Abwenden von Putin ein Eingeständnis dafür, dass Orbans Öffnung nach Osten ein Fehler war. Szöcsik: «Weil Russland als illiberaler Staat auch innenpolitisch ein Vorbild für Orban war, würde die Abkehr von Putin auch die Innenpolitik von Orban grundsätzlich infrage stellen.»
Endre Borbath (31), Forscher für Politische Soziologie an der Freien Universität Berlin sowie am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, geht allerdings davon aus, dass die Beziehungen zwischen Budapest und Moskau nicht mehr so herzlich sein würden. «Ich glaube nicht, dass Orban zu einer Freundschaft mit Putin zurückkehren kann – zumindest auf kurze oder mittlere Sicht.»
Wenn Marki-Zay gewinnt
Bei einem Wahlsieg von Marki-Zay hingegen würde Ungarn wieder die Nähe zu Brüssel suchen. Szöcsik: «Marki-Zay und die Parteien hinter ihm verfolgen ganz klar einen Pro-EU-Kurs. Mit einer ungarischen Regierung unter Marki-Zay wäre die EU geeinter und handlungsfähiger, auch in ihrem Kurs gegenüber Russland.»
Zudem müssten bei einer Wahl von Marki-Zay Orbans Kollegen zittern. Borbath sagt: «Angesichts der Wahlversprechen von Marki-Zay, die Fidesz-Eliten zur Rechenschaft zu ziehen und Korruptionsfälle der vergangenen Jahre zu untersuchen, könnte sein Sieg für viele Fidesz-Funktionäre ein persönliches Risiko bedeuten.» Nur schon deswegen werde Orban alles daran setzen, «um das existenzielle Risiko eines Wahlsiegs von Marki-Zay zu vermeiden».
Peter Marki-Zay sagte in seinem Wahlkampf, dass Ungarn unter Orban «freiwillig auf die schlechte Seite der Geschichte zurückgekehrt» sei. Am 3. April gehe es in Ungarn nun darum, «zwischen dem Osten und Europa» zu wählen.