Auf einen Blick
- Iranische Musikerin Parastu Ahmadi und Bandmitglieder nach kurzer Festnahme freigelassen
- Ahmadi brach Tabus: Sang ohne Kopftuch und in «unislamischem Kleid»
- Im Herbst 2022 gingen Massen unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» auf die Strasse
Parastoo Ahmadi (27) hat mit einem Konzert auf Youtube am Mittwochabend die strengen islamischen Gesetze ihres Landes – dem Iran – herausgefordert. Ohne Kopftuch und in einem ärmel- und kragenlosen schwarzen Kleid sang sie begleitet von vier männlichen Musikern auf einer Bühne.
«Ich bin Parastoo, ein Mädchen, das für die Menschen singen will, die ich liebe. Das ist ein Recht, das ich nicht ignorieren konnte: für das Land zu singen, das ich leidenschaftlich liebe.» So kündigte die Sängerin ihr Konzert an, das bereits mehr als 1,8 Millionen Mal angeschaut wurde. Doch ihre mutige Aktion blieb nicht ohne Konsequenzen.
Wegen Missachtung der Scharia verhaftet
Am Samstag – drei Tage nach ihrem Konzert – wurde die Sängerin in der nordiranischen Stadt Sari verhaftet. «Wir haben keine Informationen über die Anklage gegen Parastoo Ahmadi, die verhaftende Behörde oder ihren Haftort», sagte ihr Anwalt Milad Panahipur zu der Nachrichtenseite Emtedad. Auch zwei ihrer Bandmitglieder wurden am selben Tag in Teheran festgenommen.
Bereits am Donnerstag hatte die iranische Justiz Klage gegen ihren Auftritt eingereicht. Ihr Konzert habe ohne offizielle Genehmigung stattgefunden und die Sharia-Regeln seien missachtet worden, hiess es. Man werde «angemessene Massnahmen» gegen die Sängerin und ihr Produktionsteam ergreifen.
Ahmadi und ihre Bandkollegen freigelassen
Die Sängerin hat mit ihrem Auftritt mehrere Tabus des islamischen Regimes gebrochen, wie die «Bild» berichtet: Im Iran sind Frauen gesetzlich verpflichtet, in der Öffentlichkeit ein Kopftuch zu tragen. Ausserdem ist es ihnen verboten, vor gemischtem Publikum solo zu singen. Vor Männern dürfen Frauen nur als Teil eines Chors auftreten oder in Sälen singen, die ausschliesslich weiblichem Publikum vorbehalten sind. Diese Vorschriften gelten seit der islamischen Revolution von 1979, als die Mullahs die Macht im Land übernahmen.
Seit der Nacht auf Sonntag sind die 27-Jährige und ihre beiden Bandkollegen wieder auf freiem Fuss, erklärte der Anwalt später. Er habe aber noch keinen Kontakt zu seinen Mandanten gehabt, die nun auf eine offizielle Anklage warten müssten.
«Frau, Leben, Freiheit»
Im Iran wächst der Protest gegen die strengen islamischen Gesetze und das obligatorische Kopftuch. Bereits im Herbst 2022 gingen Tausende unter dem Motto «Frau, Leben, Freiheit» auf die Strasse, doch die Demonstrationen wurden brutal niedergeschlagen. Auslöser war der Tod von Mahsa Amini (†22) nach ihrer Verhaftung durch die Sittenpolizei.
Ahmadi ist keine Unbekannte im Widerstand gegen die iranische Regierung. Bereits während der Anti-Schleier-Proteste 2022 hatte sie mit ihrem Auftritt mit ihrem Liede «Aus dem Blut der Jugend der Nation» mutig Position bezogen, schreibt der Fernsehsender Iran International. Danach wurde sie von Sicherheitsbeamten vorgeladen und ihr Haus durchsucht.