Auf einen Blick
- Wahl von Keller-Sutter zur Bundespräsidentin
- Nur Vertreter von 3 Ländern auf Diplomatentribüne: Russland, Iran und Indonesien
- Ukrainische Botschafterin weigerte sich, neben russischem und iranischem Vertreter zu sitzen
Am Mittwoch wurde Karin Keller-Sutter (60) als neue Bundespräsidentin gewählt, Guy Parmelin (65) als ihr Vize. Rund 230 Parlamentarier und Parlamentarierinnen waren anwesend.
Auffällig leer war es allerdings auf der Diplomatentribüne. Dort sitzen üblicherweise Botschafterinnen und Botschafter oder ihre Vertreter, um die Wahl mitzuverfolgen. An diesem Mittwoch waren allerdings nur Vertreter von drei Ländern anwesend: Russland, Iran und Indonesien. Die anderen Vertreter sassen stattdessen auf Keller-Sutters Ehrentribüne.
Ukrainische Botschafterin weigerte sich
Laut dem «Tages-Anzeiger» wollte sich die ukrainische Botschafterin Iryna Venediktova (46) nicht neben den russischen und iranischen Vertreter setzen. Und offenbar hat sie erst vor Ort von ihrer Präsenz erfahren. Die anderen Vertreter von westlichen Ländern hätten Venediktova unterstützt und weigerten sich ebenfalls, sich dazuzusetzen.
Damit die Diplomaten und Diplomatinnen das Bundeshaus nicht verliessen, musste das Protokoll des Aussendepartements (EDA), welches für die Besuche zuständig ist, kurzfristig eine Lösung finden. So habe man sich entschieden, die Ehrentribüne freizugeben, berichtet die Zeitung gestützt auf Erzählungen im Bundeshaus.
Ereignis dürfte ein Nachspiel haben
Eigentlich sorge das EDA gemäss Informationen des «Tages-Anzeiger» dafür, dass Russen bei fast allen Anlässen in der Schweiz nicht teilnehmen, sofern sie überhaupt Interesse bekunden. Während der Bundesratswahl im vergangenen Jahr gab es dafür etwa ein Ticket-System nach dem Prinzip first come, first served. Damit hatte man die Möglichkeit, die Russen mit vorgeschobenem Platzgrund abzuweisen. Ob sich die Russen damals angemeldet haben, ist allerdings nicht bestätigt.
Dieses Mal hätten Russland und Iran allerdings Präsenz markieren wollen. In Diplomatenkreisen werde spekuliert, dass eine gezielte Strategie dahintersteckt. In der neutralen Schweiz wollten sie sich Seite an Seite mit westlichen Vertretern zeigen.
Die ukrainische Botschaft sagt zum «Tages-Anzeiger», dass man dankbar sei, eine Lösung gefunden zu haben. Ein Nachspiel dürfte es trotzdem noch geben: «Selbstverständlich sind wir sehr besorgt und wir werden uns mit der Schweizer Seite darüber beraten, was eine solche Einladung bedeutet – ob es nicht einen Kurswechsel vom Bekenntnis zum Völkerrecht und den Werten der Genfer Konventionen bedeutet», so die Botschaft.
Kritik aus dem Parlament
Im Parlament kommt die Episode nicht gut an. «Da wurde offensichtlich unsorgfältig und undiplomatisch gearbeitet», sagt Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (60, BL). SVP-Ständerat Hannes Germann (68, SH) findet es zwar nicht grundsätzlich falsch, dass die Schweiz als neutrales Land alle einlade. Allerdings habe es in diesem Fall «offenbar etwas an diplomatischem Gespür gemangelt».
Anders tönt es bei Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan (44, BS). Wenn es Usus sei, alle einzuladen, fände sie es richtig, wenn die Schweiz als neutrales Land daran festhalte. Mit der Umplatzierung habe man eine gute Lösung gefunden.