Kamala Harris' (59) Lachen ist zwar ansteckend. Wie lange es aber reichen wird, um die amerikanischen Wähler bei Laune zu halten, ist ungewiss. Wenn sie am 5. November die Präsidentschaftswahl gewinnen will, muss sie jetzt Position beziehen, Entscheidungen treffen, inhaltlich Pflöcke einschlagen.
So wie Donald Trump (78). Er ergreift jede Gelegenheit, um seine Position und seinen Ärger über die Demokraten unters Volks zu bringen. Vergangene Woche war das eine wirre Pressekonferenz, in der er zu einem Rundumschlag gegen Biden und Harris ausholte. In der Nacht auf Dienstag war das ein Interview, das Milliardär Elon Musk (53) auf seiner Plattform X mit Trump führte.
Blick hat das Gespräch zusammengefasst, analysiert und stellt fest: Bei Themen wie Unterstützung der Ukraine und Elektroautos macht Trump bemerkenswerte Aussagen. Auch die Schweiz erwähnte er – lobend.
Das Interview
Am auffälligsten war Gastgeber Elon Musk. Dieser Mann soll der Gründer von Tesla, SpaceX und anderen modernen Produkten sein? Musk entpuppte sich als Schleimer, der seinem Gast keine kritischen Fragen stellte, sondern stets und mit nervösem Gestotter in dessen Tenor einstimmte. Als er über die vielen Flüchtlinge an der Grenze sprach, nannte er die Situation eine «Apokalypse» und sagte: «Der ganze Rest der Welt kommt über diese Grenze.»
Das über zwei Stunden dauernde Gespräch zweier Gleichgesinnten begann mit einer Verspätung von 45 Minuten. Musk behauptete auf X, die Plattform sei Ziel einer massiven DDOS-Attacke geworden. Bei solchen Angriffen werden Websites mit grossen Mengen an Anfragen überschüttet, damit sie in die Knie gehen. Bestätigt wurde dies nicht.
Das Attentat
Eine Viertelstunde widmeten die beiden Freunde dem Attentat vom 13. Juli, bei dem Trump am Ohr verletzt wurde. Trump genoss es, als Opfer und Held dazustehen. Dass er nur leicht verletzt überlebt hatte, nannte er «ein Wunder, ein Akt Gottes».
Die Migration
Für Trump und Musk ist klar: Die Migration ist schuld an der ganzen Misere, in der die USA heute stecken. «Viele Migranten haben ansteckende Krankheiten», sagte Trump. Und die meisten seien unproduktiv oder gar kriminell, wie etwa jene «Mörder aus dem Kongo».
Trump verwies auf Venezuela, wo der linke Diktator Nicolás Maduro (61) herrscht. «In Venezuela ist die Kriminalität um 72 Prozent gesunken. Wir treffen uns das nächste Mal da, weil es da viel sicherer ist.»
Die Kriege
Einmal mehr: Mit Trump als Präsident hätte es die Kriege in der Ukraine und in Nahost nicht gegeben. «Ich habe ein gutes Verhältnis zu Putin, er respektiert mich. Wir haben oft über die Ukraine geredet», sagte Trump. Es sei kein Wunder, dass der Kreml wütend werde, wenn man Pipelines schliesse und der Ukraine den Nato-Beitritt verspreche.
Den Chinesen hätte er gedroht, den Handel einzustellen, wenn sie weiterhin Öl aus dem Iran bezögen. «Dann hätten sie in Teheran jetzt kein Geld mehr.» Und andere grosse Probleme, wie jene mit dem «kleinen Raketenmann» Kim Jong Un (40) in Nordkorea, habe er im Handumdrehen mit Gesprächen gelöst. Über die Herrscher sagte Trump: «Ich kenne Kim und Xi und alle. Sie alle lieben ihr Land, jeder auf seine eigene Art.»
Die Atom-Gefahr
Nicht die globale Erwärmung stelle die grösste Bedrohung dar, sondern die «nukleare Erwärmung», sagte Trump. «Andere Länder wie China werden uns bei der Produktion von solchen Waffen bald überholen – deshalb brauchen wir einen starken Präsidenten.»
Gut sei hingegen die nukleare Energiegewinnung. Um sie vom schlechten Image zu befreien, müsste man ihr vielleicht «einen andern Namen geben», meinte Trump.
Die USA
Wirtschaft, Sicherheit… in allen Bereichen seien die USA am Boden. Auch bei der Bildung, wo die USA etwa im Gegensatz zu den bestplatzierten Ländern «Norwegen, Schweiz, Schweden und auch China» miserabel abschnitten. Trump hat praktisch keine Hoffnung mehr: «Wir müssen das Land retten. Der 5. November wird als der wichtigste Tag in die Geschichte des Landes eingehen. Wenn wir nicht gewinnen, tut es mir für alle leid.»
Einschätzung
Trumps Antworten enthielten zwar viel bekanntes Gepolter gegen die Demokraten. Aber er machte auch einige bemerkenswerte Aussagen, wie Philipp Adorf (40), Republikaner-Experte an der Universität Bonn, gegenüber Blick sagt. «Trump positionierte sich etwas weniger Ukraine-kritisch. Man konnte den Eindruck erhalten, Trump würde die Ukraine möglicherweise nach einem Wahlsieg nicht sofort fallen lassen. Es schien zumindest, dass er eine gewisse Affinität für die Ukraine und ihre enormen Herausforderungen vorweise.»
Trump lobte Elon Musk für dessen «unglaublichen» Elektroautos, obwohl Trump plant, von Präsident Joe Biden (81) eingeführte Vergünstigungen für Elektrofahrzeuge zu streichen. Adorf: «Möglicherweise könnte Musk hier versuchen, seine nunmehr aufgebaute Beziehung zu Trump zu nutzen, um in dieser Frage eine Kehrtwende auf den Weg zu bringen.»
«Etwas merkwürdig» bezeichnet Adorf Trumps Kommentare zum jüngsten «Time»-Cover mit Kamala Harris. Dies lobte Trump und behauptete, Harris sähe aus wie «die schönste Schauspielerin, die jemals gelebt» habe.
Wollte Trump etwas gut machen? Vor kurzem hatte sich Trump in einem Interview hinterfragt, ob Harris wirklich eine Afroamerikanerin sei, was selbst im republikanischen Lager Protest auslöste.
Harris in die Falle locken
Andere Äusserungen Trumps zeigen jedoch auf, wie die Republikaner die Vizepräsidentin in den nächsten Monaten attackieren werden: Als linksliberale Person, die die progressiven Werte Kaliforniens auf das ganze Land übertragen wolle und nicht in der Lage gewesen sei, Migrationsströme aus Lateinamerika zu begrenzen. Adorf: «Das Thema Migration wird also wie 2016 ein zentraler Bestandteil der Trump-Kampagne sein.»
Mit seinen Auftritten versucht Trump, Boden gutzumachen und die Attacken von Kamala Harris und ihrem Vize Tim Walz (60) zu kontern. Adorf: «Durch Trumps Auftritte möchten die Republikaner Harris möglicherweise dazu bringen, sich auf ähnliche, für sie potenziell eher unvorteilhafte Formate einzulassen.»