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Lehren aus der ersten Amtszeit
So läuft Trumps Übergangsphase ab

Der designierte US-Präsident Donald Trump hat schon vor seinem Wahltriumph angekündigt, Lehren aus seiner ersten Amtszeit gezogen zu haben. Vieles soll dieses Mal anders laufen. Bei der Ernennung von Ministern und hohen Ämtern will er sich nicht Dreinreden lassen.
Publiziert: 07.11.2024 um 01:31 Uhr
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Aktualisiert: 07.11.2024 um 09:09 Uhr
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Der designierte US-Präsident Donald Trump in den frühen Morgenstunden am Mittwoch bei der Siegesfeier in Palm Beach, Florida.
Foto: AFP

Auf einen Blick

  • Trump plant eine ambitionierte Übergangsregierung
  • Gewählter Präsident muss Tausende von Ämtern und Regierungspositionen besetzen
  • Ehemaliger Sicherheitsberater beschreibt den Übergangsprozess als eine Art Krieg
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Daniel KestenholzRedaktor Nachtdienst

Schon vor seinem überwältigenden Wahlsieg hat President Elect Donald Trump (78) skizziert, wie er die zweieinhalb Monate bis zur Stabsübergabe im Weissen Haus plant: Trump bereitet seit Wochen eine ambitionierte Übergangsregierung vor. Er habe seine Lehren aus seiner ersten Amtszeit gezogen. Damals seien ihm verschiedene Leute aufgedrängt worden, die sich als Fehlbesetzungen erwiesen hätten.

Er sei ein «Neuling» gewesen, so Trump. Zu Beginn seiner ersten Amtszeit stellte Trump ein ursprüngliches Kabinett zusammen, dem auch einige eher etablierte Republikaner und Wirtschaftsführer angehörten, die ihn letztlich enttäuschten, öffentlich mit ihm brachen oder beides. Dieses Mal hat Trump versprochen, auf Loyalität so viel Wert wie möglich zu legen – eine Philosophie, die dafür sorgen könnte, dass er Ernennungen vertraut, die stärker mit seinen ideologischen Überzeugungen und seinem oft brüsken Stil im Einklang stehen.

Den Tag nach dem Wahlsieg am Mittwoch verbrachte Trump vorab mit Treffen und Telefonaten mit gratulierenden Staats- und Regierungschefs der ganzen Welt, Spendern und Leuten, die Kandidaten für seine Regierung sind. In den 74 Tagen bis zu seiner Rückkehr am 20. Januar 2025 ins Weisse Haus will Trump von Grund auf anders vorgehen als nach seinem Sieg im Jahr 2016.

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«Eigentliche Arbeit beginnt»

Eine der Schlüsselaufgaben: rund 4000 Regierungspositionen besetzen. Usanz ist, dass amtierende hohe Beamte und politische Ernennungen bei einem Regierungswechsel von selbst den Rücktritt einreichen. Mit Sicherheit sind zum Beispiel die Tage von Gary Gensler (67) gezählt, dem Vorsitzenden der US-Börsenaufsicht SEC. Trump wirft ihm vor, die Entwicklung der Krypto-Industrie in den USA zu sabotierten. Er versprach schon auf einer Bitcoin-Konferenz im August, Gensler zu feuern.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater im Jahr 2017, Michael Flynn (65), beschrieb auf X, wie der Übergangsprozess aussehen werde. Der Wahlsieg am 5. November sei «wie in der Kriegsführung nur der Anfang des langen Weges zum vollständigen Sieg», so Flynn. «Die beste Analogie ist, dass wir den Brückenkopf eingenommen haben und durch die Hecken in die Normandie vorgedrungen sind. Ich möchte, dass jeder versteht, dass wir keinen ‹Victory Day› erreicht haben, sondern eher einen ‹D-Day+1›. Wir haben unseren Brückenkopf, die Truppen kommen in grosser Zahl, mit entschlossener Zielsetzung und einem klaren Mandat an.» Jetzt «beginnt die eigentliche Arbeit, mit der Bürokratie und den Prozessen» der Vorgängerregierung aufzuräumen.

Werde Kennedy «machen lassen»

Nicht nur gehört ein Ministerrat ernannt, auch Leiter von Kabinettsabteilungen und Vorsitzende von Kommissionen gehören ausgewählt. Rund 1200 dieser Ernennungen erfordern eine Bestätigung durch den Senat, der sich jetzt in der Hand der Republikaner befindet – wie voraussichtlich auch das Repräsentantenhaus, womit Trump neben seinem Mandat auch mit einer republikanischen Kongressmehrheit rechnen kann.

Auf seiner Siegesfeier in den frühen Morgenstunden am Mittwoch sagte Trump, dass der ehemalige Präsidentschaftskandidat Robert Kennedy Jr. (70) dabei helfen werde, «Amerika wieder gesund zu machen». Trump fügte hinzu: «Wir werden ihn das machen lassen.»

Der Impfgegner Kennedy tat sich im Wahlkampf mit Aussagen zu einer in den USA grassierenden «Krankheitsepidemie» hervor, für die hauptsächlich ungesunde Lebensmittel verantwortlich seien. Vor der Wahl hatte Trump auch Kennedys Forderung nach Abschaffung von fluoriertem Trinkwassers nicht zurückgewiesen.

«Ministerium der Regierungseffizienz»

Trump versprach zudem, seinen prominenten Wahlhelfer und den in Südafrika geborenen Elon Musk (53) zum Minister für «Kostensenkungen» auf Bundesebene zu machen. Musk spricht von einem «Ministerium der Regierungseffizienz». Der Tesla-, SpaceX- und X-CEO hat angedeutet, dass er Billionen von Dollar an verschwenderischen Staatsausgaben finden und streichen kann.

In der Übergangsphase geht es nicht nur um die Besetzung von Stellen. Trump selber wird bereits täglich Geheimdienstinformationen erhalten.

Das Trump-Übergangsteam wird von US-Milliardär und -Geschäftsmann Howard Lutnick (63) angeführt. «Der Wahlkampf war beeindruckend», schrieb Lutnick nach «Trumps Triumph», so die «Washington Post», auf X. «Das amerikanische Volk hat sich laut und deutlich geäussert, und wir werden vier Jahre lang einen aussergewöhnlichen Anführer haben, der bereit ist, für Amerika zu kämpfen.»

Berater aus der eigenen Familie

Bereits in seiner ersten Amtszeit setzte Trump im Weissen Haus Familienmitglieder in Schlüsselpositionen ein, so holte er sich etwa Tochter Ivanka (43) und Schwiegersohn Jared Kushner (43) als Berater an seine Seite. In diesem Wahlkampf rückte Trumps Sohn Don Jr. (46) in den Vordergrund. Er soll massgeblich dazu beigetragen haben, dass JD Vance Trumps Vize wurde. Beim Parteitag der Republikaner in Milwaukee war die enge Bande der beiden nicht zu übersehen.

Es ist gut möglich, dass Trump in seinem engsten Familienkreis wieder wichtige Posten vergibt. Seine Schwiegertochter Lara Trump (42), Frau seines zweitältesten Sohnes Eric (40), hatte Trump im Frühjahr schon an die Parteispitze der republikanischen Partei gesetzt.

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