Kamala Harris (59) hat als Präsidentschaftskandidatin einen ersten Fehler gemacht. Ihre Wahl von Tim Walz (60) als Vizepräsidentschaftskandidat bringt ihr kaum Vorteile. Er ist zu wenig bekannt, rückt sie weiter nach links und erhöht in keinem Swing State ihre Chancen auf einen Wahlsieg.
Harris und ihre Partei, die Demokraten, sind sehr diszipliniert in den Wahlkampf gestartet. Fehler und Machtkämpfe konnten sie bisher vermeiden. Doch in den letzten Tagen waren vermehrt ideologische Richtungskämpfe zu vernehmen. Dabei ging es um die Wahl des Vizepräsidenten.
Der linke Flügel setzt sich durch
Gesiegt hat offenbar der linke Flügel der Partei. Mit dem Ex-Soldaten und ehemaligen Lehrer Walz hat sich die als links geltende Harris einen noch linkeren Politiker an ihre Seite geholt.
Präsidentschaftswahlen aber werden in der Mitte gewonnen.
Kaum wurde sein Name bekannt, begannen die Republikaner, ihn ins Visier zu nehmen. «Tim Walz ist ein gefährlicher liberaler Extremist», liess Donald Trump (78) in einer Medienmitteilung verlauten. Ein griffiger Slogan, der den amerikanischen Wählern nun bis zum Wahltag eingehämmert wird.
Wenig politische Hilfe für Harris
Walz ist ein erklärter Gegner des Frackings, bei dem Erdöl aus Sand und Schiefer gepresst wird. Doch im wichtigen Swing State Pennsylvania dürfte die Haltung zu Fracking ausschlaggebend sein. Umso erstaunlicher ist es, dass Harris auf den Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro (51), verzichtet hat. Er hätte ihr Fracking-Problem lösen können.
Politisch angreifbar ist Harris beim Thema Einwanderung. Hier hätte ihr Senator Mark Kelly (60) aus Arizona helfen können. Zudem ist der ehemalige Astronaut landesweit bekannt, während Walz noch nicht viele kennen.
Walz regiert mit Minnesota einen Bundesstaat im Mittleren Westen, den die Demokraten vor vier Jahren gewannen. Und den sie im Herbst unbedingt wieder gewinnen müssen, um Trump zu schlagen. Es ist kein Schlüsselstaat.
Er lieferte den Slogan gegen die Republikaner
Was spricht für Walz? Er wirkt volksnah, hat nie eine Eliteuniversität besucht, ist in Nebraska aufgewachsen und später nach Minnesota gezogen. Im Gegensatz zu Harris kennt er das amerikanische «Heartland», das Landesinnere, wo die Wahl entschieden wird.
Zudem wirkt er im Fernsehen volksnah. Politische Gegner attackiert er flapsig und mit viel Wumms. Das Duo Trump und Vizekandidat J.D. Vance (40) bezeichnete er als «weird», als komisch oder seltsam. Längst ist das Wort «weird» zu einem wirkungsvollen Wahlkampfslogan der Demokraten geworden.
Die Folgen von Harris’ Fehler dürften sich allerdings in Grenzen halten. Die Geschichte zeigt, dass die Wahl des Vizekandidaten kaum Einfluss auf das Wahlverhalten hat.
Letztlich wählt man die Chefin, nicht den Stellvertreter.