Die Sicherheitsmassnahmen sind extrem: Einsatzkräfte über die ganze Stadt verteilt, Hunde, schwarze Kastenwagen allerorten. Exakt 20 Jahre nachdem der erste Passagierjet in den einen Turm des World Trade Centers einschlug, beginnt am Ground Zero in New York (USA) das Gedenken an jene 2977 Menschen, die bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 ihr Leben verloren haben. Zwischen den beiden Memorial-Brunnen werden die Namen der Getöteten verlesen – während mehrerer Stunden.
«Ich habe damals mein Herz hiergelassen», sagt Howard Kaplan (70), pensionierter Firefighter aus Los Angeles, der 2001 hier 18 Tage im Einsatz war.«Es hilft mir, zurückzukommen. Und ich bin auch froh, zu sehen, dass New York nicht mehr die Geisterstadt ist, die sie damals war.»
Auch viele Junge bekunden ihren Respekt
Kaplan steht – wie Hunderte vor den Absperrungen an der Church Street – in 200 Meter Entfernung zur offiziellen Gedenkfeier: Menschen mit ganz unterschiedlichen Schicksalen und Geschichten.
Da ist etwa die Feuerwehrfamilie Fontanez aus Florida. Oder Joe Walker, ein 33-Jähriger im auffälligen US-Flaggen-Outfit, der sagt, er habe damals in unmittelbarer Nachbarschaft gelebt und dessen Augen hinter der Sonnenbrille feucht werden, wenn man ihn darauf anspricht.
Unter den Besucherinnen und Besuchern sind auffallend viele junge Menschen.
«Ich hatte Angst, dass so etwas auch in meiner Heimatstadt Detroit geschehen könnte», erinnert sich Michael Reiber (25). Es ist ihm wichtig, hier zu sein und Respekt zu zeigen. «Die Anschläge haben sich ja auf das Leben von uns allen ausgewirkt», sagt die gleichaltrige Julianna Lydon aus Kalifornien. «Direkt danach haben wir einen Krieg angefangen, der erst jetzt beendet ist.»
Ex-Präsident Bush vergleicht Kapitol-Attacke mit ausländischem Terrorismus
George W. Bush (75), jener US-Präsident, der nach den Anschlägen die US-Armee in Afghanistan einmarschieren liess, ist am Gedenktag in Shanksville, Pennsylvania. Hier brachten Passagiere den vierten entführten Jet – Flug 93 – zum Absturz. «Viele schulden ihr Leben dem Widerstand am Himmel über diesem Feld», würdigte Bush die Getöteten in einer Rede.
Besonders bemerkenswert waren Bushs Worte zu den Terrorgefahren von heute. Acht Monate nach dem Sturm von Trump-Unterstützern auf das Kapitol in Washington warnte der Republikaner vor inländischem Terrorismus.
«Es gibt kaum kulturelle Überschneidungen zwischen gewaltbereiten Extremisten im Ausland und gewalttätigen Extremisten im Inland», sagte Bush. «Aber in ihrer Verachtung für den Pluralismus, in ihrer Missachtung des menschlichen Lebens, in ihrer Entschlossenheit, nationale Symbole zu beschmutzen, sind sie Kinder desselben üblen Geistes, und es ist unsere fortwährende Pflicht, sich ihnen entgegenzustellen.»
Trump will Ground Zero besuchen
Bushs republikanischer Nachfolger im Präsidentenamt nahm gestern an keiner offiziellen Gedenkfeier teil – stattdessen wollte er einen Boxkampf kommentieren. Auf heftige Kritik reagierte Donald Trump (75) dann aber mit der Ankündigung, nach der Gedenkfeier am Ground Zero vorbeischauen zu wollen.
Trump-Fan Hedy Aldina freut sich, dass er kommt. Um den Hals der Frau, die ihr Alter nicht verraten will, baumelt der Name ihres Idols. Inmitten der Menschenmasse auf der Church Street schwenkt sie Fahnen. Doch ausser Reportern würdigt niemand die New Yorkerin eines Blickes.