Urzeit-Ozean
Verborgener Riss im Erdmantel breitet sich aus

Unter der Erdoberfläche wirken gewaltige Kräfte. Forscher haben nun herausgefunden: Ein Meer aus der Urzeit zieht eine ganze Region in die Tiefe. Und verursacht einen immer grösseren Riss in der Erdkruste.
Publiziert: 19:35 Uhr
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Aktualisiert: 20:00 Uhr
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Aus den aufgestauten Erdkrusten entstand das Zagros-Gebirge.
Foto: Shutterstock

Auf einen Blick

  • Urzeitlicher Ozean zieht Gebiet unter der Erdoberfläche nach unten
  • Riss breitet sich aus, ozeanische Platte reisst von arabischem Kontinent ab
  • Senke im Nordwesten des Irak bis zu vier Kilometer tief
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Valentin KöpfliRedaktor News

Ein neu entdecktes geologisches Phänomen entfaltet sich vom Südosten der Türkei bis in den Nordwesten des Iran. Kilometerweit unter der Erdoberfläche zieht ein urzeitlicher Ozean das Gebiet in die Tiefe – und verursacht dabei einen gigantischen unsichtbaren Riss. Das haben Forscher der Universität Göttingen (D) herausgefunden.

Vor 60 Millionen Jahren trennte noch ein urzeitlicher Ozean die arabische von der eurasischen Platte. Durch tektonische Verschiebungen wurde die ozeanische Platte jedoch unter Eurasien geschoben und versank vor etwa 25 Millionen Jahren im Erdmantel. Die aufgestauchten Erdkrusten bilden heute etwa das Zagros-Gebirge im Iran und Irak.

Der Riss breitet sich aus

Die neue Erkenntnis: Das enorme Gewicht des Urzeitmeeres zieht die Erdkruste seit Jahrmillionen in die Tiefe. In der östlichen Türkei hat sich jedoch ein Riss gebildet, wo sich der Untergrund wieder anhebt. «Das deutet darauf hin, dass die ozeanische Platte in diesem Bereich bereits abgerissen ist und ihre Zugkraft nachgelassen hat», erklärt Studienautor Renas Koshnaw. 

Weil das Gebirgsvorland im Nordwesten des Irak aber weiter nach unten gezerrt wird, entstand eine bis zu vier Kilometer tiefe Senke, gefüllt mit abgelagerten Sedimenten. Die Forscher vermuten, dass die ozeanische Platte dort noch am arabischen Kontinent hängt. «Diese Platte zieht die Region weiter nach unten und schafft so Platz für weitere Sedimentablagerungen. Der Riss scheint sich jetzt in Richtung Irak auszubreiten, ähnlich wie wenn ein Blatt vom Kalender abgerissen wird», so Koshnaw.

Verbesserte Einschätzung von Erdbebenrisiken

Eine Bedrohung stellt diese unsichtbare Naht jedoch nicht dar. «Dort, wo die Platte im nordwestlichen Irak schon abgerissen ist, gibt es sogar weniger Erdbeben als dort, wo sie noch dranhängt. Vor allem geht das Ganze aber so langsam voran, dass es sich in menschlichen Zeitmassstäben kaum ändert», sagt Professor Jonas Kley von der Universität Göttingen gegenüber «Bild».

Neben der Suche nach Erzlagerstätten und geothermischer Energie unterstützt die neue Erkenntnis auch die genauere Einschätzung von Erdbebenrisiken. Denn das syrisch-türkische Grenzgebiet, Georgien oder der Iran werden immer wieder von schweren Erdbeben erschüttert.

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