Auf einen Blick
- Autofahrer rast in Magdeburg auf dem Weihnachtsmarkt in Menschengruppe, 5 Tote, über 200 Verletzte
- Mutmasslicher Täter Taleb A. wurde festgenommen, Motiv unklar
- Zwischen 60 und 80 Verletzte, 10 bis 20 Patienten im Spital
Auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt ist am Freitagabend ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Die traurige Bilanz des brutalen Angriffs: 5 Tote und über 200 Verletzte. Der mutmassliche Täter Taleb A* (50) wurde festgenommen. Der Hintergrund des Vorfalls und das Motiv des Täters sind weiterhin unklar. Der Zeitablauf der Ereignisse.
Freitag, 19 Uhr
Noch herrscht eine fröhliche Stimmung auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt. Zahlreiche Menschen schlendern über das Gelände und geniessen bei Glühwein und Leckereien die Adventsstimmung. Vom Horror, der nur Minuten später ausbricht, ahnt noch niemand etwas.
19.04 Uhr
Vier Minuten später rast wie aus dem Nichts ein dunkler BMW-SUV X3 auf das Gelände. Taleb A. steuert direkt in die Menge. Rund 400 Meter weit bahnt sich der SUV seinen Weg durch die Besucher. Mindestens fünf Menschen sterben infolge des Anschlags. Über 200 werden verletzt. Der Fahrer stammt aus Saudi-Arabien und lebt seit 2006 in Deutschland. 2016 wurde er als Flüchtling anerkannt und hat eine unbefristete Aufenthaltsbewilligung als Arzt. Nach Informationen aus Sicherheitskreisen war er bisher nicht auffällig oder als Islamist bekannt. Wie das Auto auf den Weihnachtsmarkt gelangen konnte, ist derzeit noch unklar.
Augenzeugen sagen später der «Mitteldeutschen Zeitung», dass der Mann mit dem Auto zickzack gefahren sei. Der mutmassliche Täter sei zudem ausgerechnet in den Märchen-Bereich des Magdeburger Weihnachtsmarktes gerast, wo sich viele Familien aufhielten, berichtete eine Augenzeugin. Sie selbst habe mit ihrem Kind gerade noch zur Seite springen können. Einige Personen bleiben derweil regungslos am Boden liegen, Chaos herrscht. Polizeibeamte suchen den abgesperrten Bereich nach Sprengstoff ab.
19.05 Uhr
Auf dem Weihnachtsmarkt bricht Chaos aus. Schwerverletzte liegen regungslos am Boden. Ein Video zeigt, wie Menschen panisch und hilflos umherirren. Viele weinen. Die Situation ist unklar. Manche befürchten einen zweiten Anschlag. Die Rede ist von Schüssen im nahe gelegenen Einkaufszentrum.
19.07 Uhr
Der Mann, der gerade mehrere Menschen getötet und Hunderte verletzt hat, biegt in die Ernst-Reuter-Allee und greift zum Smartphone. Wie «Bild» berichtet, teilt er auf X einen Tweet erneut, den er schon Mitte August gepostet hatte. Es ist ein wirres Dokument mit einem offenbar von Taleb A. aufwendig produzierten Video. Darin zu sehen: US-Milliardär und X-Besitzer Elon Musk (53). Im Beitragstext bezeichnet A. Deutschland als «leuchtendes Beispiel für Medienzensur». Im Video erhebt der mit KI erzeugte Musk-Avatar minutenlang wirre und unbelegte Vorwürfe gegen die deutsche Justiz und die Polizei.
Die Polizei trifft beinahe zeitgleich ein. Schnell entdecken die Einsatzkräfte den beschädigten BMW vor dem Allee-Center.
Kurz nach 20.00 Uhr
Die Polizei bestätigt: Der Fahrer wurde beim Wendeversuch festgenommen. Ein Video, das kurz darauf in den sozialen Medien kursiert, zeigt offenbar, wie der mutmassliche Täter von mehreren Polizisten abgeführt und in einen Mannschaftswagen verfrachtet wird.
«Das war ein perfekt geplanter Anschlag. Hier wurde alles genau ausgespäht», sagt Terrorismusexperte Rolf Tophoven zur «Welt». Er betont, dass es in den vergangenen Wochen zahlreiche Warnungen vor möglichen Anschlägen auf Weihnachtsmärkten gegeben habe.
20.20 Uhr
Der Weihnachtsmarkt in Magdeburg wird kurz nach dem mutmasslichen Anschlag geschlossen. Auch der öffentliche Verkehr wird eingestellt. Auf dem Markt sind zahlreiche Sanitäter im Einsatz. Sie versorgen die Verletzten, die vor den Marktständen auf dem Boden liegen. Zur Versorgung der Verletzten werden Zelte aufgebaut. Stadtsprecher Marcel Reif spricht von «zahlreichen Verletzten». Der Rettungsdienst in Magdeburg teilt mit, dass es zwischen 60 und 80 Verletzte gegeben haben soll. In den Medien wird bereits von 11 Toten gesprochen.
Mehrere Verletzte werden zudem im Universitätsklinikum Magdeburg behandelt. Die ersten 10 bis 20 Patienten würden aktuell versorgt, teilt ein Sprecher gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mit. Man stelle sich jedoch auf deutlich mehr Verletzte ein. «Wir rüsten gerade auf», so der Sprecher. «Intensivbetten stehen bereit.» Einen genauen Überblick über die Anzahl Toten und Verletzten gibt es zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
21.00 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz (66) reagiert auf X mit Bestürzung auf den mutmasslichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Im Verlauf des Abends und der Nacht auf Samstag folgen unter anderem der französische Präsident Emmanuel Macron (47), Nato-Generalsekretär Mark Rutte (57), die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni (47) und Bundespräsidentin Viola Amherd (62), die allesamt ihre Anteilnahme über den tragischen Vorfall ausdrücken. Auch Saudi-Arabien verurteilt den mutmasslichen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt und bekundet seine Solidarität mit Deutschland.
Kurz nach 22.00 Uhr
Beim Anschlag auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt sind nun mindestens zwei Todesopfer – ein Erwachsener und ein Kleinkind – zu bekunden, wie Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff mitteilt. Haseloff spricht von einer Katastrophe für die Stadt und für Deutschland.
Er werde sich «dafür einsetzen, dass dieses Verbrechen umfassend aufgeklärt wird. Das sind wir den Opfern schuldig, und das erwarten zu Recht auch die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land.»
Am Samstag muss Haseloff die Zahl der Toten dann nach oben korrigieren: «Wir haben fünf Menschenleben zu beklagen und über 200 Verletzte, davon viele schwerst und schwer verletzt.» Der Ort des Anschlages werde «auf immer mit der Geschichte der Stadt Magdeburg in Verbindung bleiben», so der Ministerpräsident weiter.
* Name bekannt