Michail Dobkin (52), der ehemalige Bürgermeister der ukrainischen Stadt Charkiw, war einst ein grosser Putin-Fan. Doch diese Zeiten sind für den Politiker endgültig vorbei. Denn seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine hat Dobkin einen persönlichen Kurswechsel vollzogen und steht nun voll und ganz hinter Wolodimir Selenski (44).
«Er ist unser, weil er mit uns geblieben ist. Und wir in der Ukraine stehen jetzt hinter ihm», sagte er kürzlich in einem von ihm veröffentlichten Video. Erstaunlich: Denn Dobkin war lange Zeit nicht als ein Freund Selenskis bekannt. Seit dem Kriegsausbruch scheint sich das aber geändert zu haben.
Gehörte früher dem prorussischen Lager an
Um dies unter Beweis zu stellen, hat Dobkins Tochter kürzlich Fotos auf Instagram veröffentlicht, die ihren Vater an der Front zeigen. In Militäruniform auf einem zerstörten russischen Panzer stehend, zelebriert er stolz die ukrainischen Kriegserfolge. Mit «Ruhm der Ukraine!» hat die Tochter den Post kommentiert.
Dabei sah die Sache vor einigen Jahren noch ganz anders aus. Denn Dobkin gehörte früher dem politischen Lager an, das einer verstärkten Annäherung an Russland nicht abgeneigt schien. Zwischen seiner ehemaligen Partei und Wladimir Putins «Einiges Russland» gab es sogar eine Partnerschaft.
Bezeichnete ukrainische Demonstranten als Clowns und Freaks
Als sich im November 2013 der damalige ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch (72) weigerte, das Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union zu unterzeichnen und stattdessen eine Annäherung an Russland wählte, explodierte die Stimmung im Land.
Zu Hunderttausenden gingen die Ukrainerinnen und Ukrainer auf die Strasse und forderten Janukowitschs Rücktritt. Obwohl die Polizei damals mit aller Härte gegen die Demonstranten vorging, forderte Dobkin – damals Charkiwer Bürgermeister – die Sicherheitskräfte zu noch mehr Härte auf und bezeichnete die Demonstranten als Freaks und Clowns.
Lange Liste an Verbrechen
Als Janukowitsch dann im Februar 2014 tatsächlich gestürzt wurde, musste auch Dobkin seinen Hut nehmen. Von einem geräuschlosen Rücktritt konnte allerdings keine Rede sein. Denn Dobkin hatte im Laufe seiner Karriere eine lange Liste an Vergehen gesammelt. So wird ihm unter anderem vorgeworfen, die territoriale Integrität der Ukraine zugunsten Russlands verletzt zu haben. Auch Korruption und unerlaubte Bereicherung stehen auf dem Strafzettel des 52-Jährigen.
Eine Verurteilung konnte Dobkin aber wegen seiner Immunität als ukrainischer Abgeordneter stets vermeiden. Auch aktuell, in Kriegszeiten, scheint sich niemand mehr für seine kriminellen Machenschaften zu interessieren. (ced)