Trotz fehlender Ausbildung
So zwingen Kommandanten die Rekruten an die Front

Kaum ausgebildet, sollen eingezogene Russen an der Front kämpfen. Doch einige Soldaten weigern sich und versuchen zu flüchten. Damit sie doch in den Krieg ziehen, werden sie eingesperrt und wie Tiere gehalten.
Publiziert: 26.10.2022 um 14:06 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2022 um 14:11 Uhr
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Sie wurden ohne richtige Ausbildung und Ausrüstung an die Front geschickt. Junge Russen beschwerten sich über die chaotischen Zustände bei der Armee.
Foto: Screenshot

Die Zustände in Wladimir Putins (70) Armee sollen katastrophal sein. Immer wieder gibt es Berichte darüber, wie schlimm es einfache Soldaten haben. Seit der Teil-Mobilisierung klagen eingezogene Russen, keine richtige Ausbildung zu erhalten. Manche hätten gerade einmal eine Waffe abgefeuert und sollen nun an die Front. Zudem fehle es an Ausrüstung. Waffen, Munition, kugelsichere Westen.

In einem Video beklagten sich junge Männer über die Zustände. Kurz darauf waren die meisten von ihnen tot. Auch einer anderen Einheit erging es so. Ohne Vorbereitung seien sie direkt ins Gefecht geschickt worden, um die Ukraine-Offensive aufzuhalten. Statt sich dem Kugelhagel zu stellen, flüchteten die Soldaten aber, wie es in einem Bericht auf dem russischen Telegram-Kanal Astra heisst.

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Kein Wunder: Zuvor hatten sie in einem Gefecht nahe der Stadt Lyman, im Osten der Ukraine, mehrere Männer verloren. Dennoch sei ihnen weiter der Befehl gegeben worden, vorzurücken. Die Ukrainer hätten sie da bereits umzingelt. Nur mit viel Glück hätten einige überlebt und seien zu ihrem Stützpunkt zurückgekehrt. Ihr Kommandant habe trotz alledem kein Einsehen gehabt, dass die Ukrainer so nicht aufzuhalten seien. Er gab den Befehl: «Zurück an die Front!»

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Soldaten wollten nicht als «Kanonenfutter» enden

Als sich 27 Soldaten gegen den Befehl gestellt hätten, sei ihnen ihre ohnehin schon dürftige Ausrüstung abgenommen worden. Anschliessend habe man sie in den Keller gesperrt. Zehn Tage lang hätten sie so ausharren müssen, wie eine Angehörige der Männer im Bericht erklärt. Danach seien sie vor die Wahl gestellt worden. «Zurück an die Front oder zehn Jahre Haft unter erschwerten Bedingungen.»

Was genau das bedeutet, zeigte der Kommandant auf drastische Weise. Sie wurden in ein altes, verdrecktes Gefängnis gesteckt. Dennoch weigerten sich die Männer, an die Front zurückzukehren. Alles sei besser als der Tod. Die Verwandten der Eingesperrten seien fassungslos über das Verhalten der russischen Befehlshaber. Sie hätten ihre Soldaten in den sicheren Tod geschickt und im Stich gelassen. Nur weil sie nicht als «Kanonenfutter» enden wollen, würden sie jetzt eingesperrt werden wie Tiere.

Die Mobilmachung im September hatte in Russland eine Reihe von Protesten im Land ausgelöst. Zehntausende Männer im wehrfähigen Alter flohen vor der Einberufung ins Ausland, vor allem in Nachbarländer. Kasachstan meldete mehr als 200'000 Einreisen aus Russland innerhalb von zwei Wochen. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) hatte Russland wegen seiner Teilmobilmachung vorgeworfen, Reservisten als «Kanonenfutter» in die Ukraine zu schicken. (jmh)

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