Auf einen Blick
Die Pager-Attacke auf die Hisbollah war – aus geheimdienstlicher Sicht – ein Geniestreich. Sie hat – zum Preis von Tausenden verletzten Zivilisten – vermutlich zahlreiche Islamisten ausgeschaltet und das Kommunikationssystem der Terror-Gruppe im Libanon zerstört oder zumindest schwer beschädigt. Die Frage wird sich intern stellen: Wer hat uns verraten? Ein interner Streit ist vorprogrammiert.
Der Anschlag passierte ausgerechnet in einer Phase, in der sich die Lage im Nahen Osten leicht zu entspannen schien. Warum schlug Israel ausgerechnet in dieser heiklen Phase zu? Ein Insider hat eine Erklärung.
Startschuss zu Krieg?
Im US-Portal Axios erzählt ein israelischer Insider, dass mit den Pagern ein Überraschungs-Krieg gegen die Hisbollah gestartet werden sollte. Der Einsatz der Pager-Operation wäre allerdings für später geplant gewesen.
Aus Angst, dass die Aktion auffliegt, habe man die Geräte jetzt schon gezündet. Denn offenbar hatten Hisbollah-Angehörige wegen der Pager Bedenken geäussert.
Mit dem Schlag ist es dem israelischen Geheimdienst Mossad gelungen, seinen ruinierten Ruf wiederherzustellen. Der bisher allmächtig erscheinende Mossad hatte am 7. Oktober 2023 eine mächtige Schlappe erlitten, als er es verpasst hatte, vor dem brutalen Überfall der Hamas zu warnen.
Für Aktionen wie die Präparierung von rund 1000 Pagern mit je 25 bis 50 Gramm Sprengstoff braucht es eine lange Vorbereitung. Dazu gehören die Einschleusung von Spionen und das Know-how, wie man viele solche Geräte innert kurzer Zeit in kleine Bomben verwandelt.
Potenzial der hybriden Bedrohung
Noch ist beim Pager-Angriff vieles unklar. Gesichert scheint jedoch zu sein, dass es sich um eine Geheimdienst-Operation handelte. Für den Sicherheitsexperten Ralph D. Thiele (70), Autor des Buches «Hybride Kriegsführung – Zukunft und Technologien», kommt auch eine Zusammenarbeit der Israelis mit andern Geheimdiensten infrage, «sofern dies für den Zugriff auf die Wertschöpfungskette der Pager erforderlich» war.
Mehr zur Pager-Attacke
Für Spekulationen ist es laut Thiele zu früh. Eines sei aber jetzt schon klar: «Der Anschlag wirft ein weiteres Licht auf das enorme Potenzial, das hybride Bedrohungen in Verbindung mit Cyber- und elektronischer Kampfführung entwickeln können.»
Viele Augenverletzungen
Die Lage im Nahen Osten ist wieder hoch angespannt. Die Hisbollah spricht von einem «Massaker und Kriegsverbrechen Israels» und hat Vergeltung angekündigt. Denn die weitflächige Aktion hat nicht nur Hisbollah-Terroristen, sondern auch Zivilisten getroffen. Die Rede ist von neun Toten und rund 2750 Verletzten.
Die meisten Verletzungen, die die Opfer der Pager-Explosionen erlitten, betrafen offenbar das Gesicht, die Augen, die Hände, die Brust und die Taille. Dies berichten libanesische Medien unter Berufung auf Ärzte vor Ort. Auch Gliedmassen mussten amputiert werden.