Obwohl der amerikanische Präsident Joe Biden (78) erst am Dienstag an das Durchhaltevermögen seiner Bevölkerung appellierte, schlagen zwei Südstaaten jetzt eine völlig andere Richtung ein: Die Gouverneure von Texas und Mississippi kündigten die Aufhebung praktisch aller Corona-Massnahmen an. «Jetzt ist die Zeit, Texas 100 Prozent zu öffnen», sagte der bereits geimpfte republikanische Gouverneur Greg Abbott (63).
Alexandria Ocasio-Cortez (31), die bekannte demokratische Abgeordnete, meldet sich empört auf Twitter: «Der Bundesstaat stellt die Weichen für ein Desaster. So viele Menschen werden durch die Aufhebung der Maskenpflicht gefährdet – insbesondere Arbeiter und Risikogruppen.» Darüber hinaus betont sie, dass die Entscheidung das ganze Land gefährde, da das Virus sich nicht durch die Staatsgrenzen eindämmen liesse: «Es ist sehr gefährlich».
Auch weitere Politiker kritisieren die Entscheidung stark. Sylvester Turner (66) ist Bürgermeister in Houston, der grössten Stadt in Texas. Er bemängelt die Aufhebung der Maskenpflicht, obwohl rund 88 Prozent der Texaner noch nicht geimpft seien. «Wir können das besser.»
«Das gefährdet Leben»
Donald Valdez, demokratischer Abgeordneter aus Colorado, kommentiert auf Twitter: «Das geht gegen den Rat der medizinischen Experten und gefährdet Leben. Es gibt hier nichts zu feiern. Wenn Sie nicht daran interessiert sind, Ihren Job zu machen, treten Sie ab, damit jemand anderes es tun kann.»
Auch Experten zeigen sich überaus besorgt. In einem Interview mit CNN spricht Leana Wen (38), die ehemalige Gesundheitsbeauftragte von Baltimore: «Es ist einfach nur unverantwortlich. Das könnte die ganze Arbeit, die wir bisher geleistet haben, zunichtemachen.» Jonathan Reiner lehrt Medizin an der George Washington University. Er prognostiziert im Gespräch mit CNN ein schlechtes Ende dieser Situation. Er sagt: «Das ist ein gigantischer Fehler!».
«Einfach nur unverantwortlich»
Den Bürgern der betroffenen Bundesstaaten macht der Zustand Angst, wie sie auf den sozialen Medien schreiben. Einige weisen darauf hin, dass die Gouverneure ja bereits geimpft seien, also selbst nicht um ihr Leben fürchten müssten. Der verärgerte Texaner Gilberto Hinojosa (68) sagt zu MSNBC: «Gouverneur Greg Abbott hat den Verstand verloren».
Neben all der Kritik an der Entscheidung, die Corona-Massnahmen abzuschaffen, melden sich jedoch auch Unterstützer. Insbesondere aus dem konservativen Lager gibt es Applaus. Candace Owens (31), eine populäre rechtskonservative Aktivistin, schreibt: «Gott segne Texas und Mississippi.» Sie fordert ausserdem alle Republikaner dazu auf, es den Bundesstaaten nachzumachen, um so «mit gutem Beispiel voranzugehen.»
An alle Kritiker richtet sie klare Worte: «Ihr seid herzlich willkommen, den ganzen Tag zu Hause zu bleiben und dort eure Masken zu tragen. Denn um so paranoid zu sein wie ihr, braucht es keine Vorschrift der Regierung.»
Nicht nur Texas und Mississippi, auch weitere Bundesstaaten, darunter Ohio und Michigan, kündigten zumindest Lockerungen ihrer Corona-Auflagen an. Die Zahl der Neuinfektionen in den USA ist seit Anfang des Jahres stark zurückgegangen – von über 200'000 pro Tag auf durchschnittlich gut 60'000. Am Dienstag wurden 53'544 Neuinfektionen gemeldet. Experten warnen jedoch, dass es auch wegen der neuen Varianten des Virus erneut zu einem Anstieg kommen könne. (aua)