Ägypten fordert eine Entschädigung in Höhe von 900 Millionen Dollar (rund 828 Millionen Franken) für die tagelange Blockade des Suez-Kanals – und hat zur Absicherung das Containerschiff «Ever Given» beschlagnahmt.
Der Chef der Kanalbehörde SCA, Usama Rabi, bestätigt der Zeitung «Al-Ahram» am Dienstag, dass man den 400 Meter langen Meeresriesen im grossen Bittersee zwischen dem nördlichen und dem südlichen Teil des Suezkanals festhalte.
Dass die Kanalbehörde allerdings auch die 25 indischen Besatzungsmitglieder an Bord festhält, gibt dem Ganzen den bitteren Beigeschmack einer Lösegeldforderung, findet die indische Gewerkschaft «National Union of Seafarers».
Crew wird an Bord festgehalten
Ägypten seien wegen der sechstägigen Blockade pro Tag zwischen 12 und 15 Millionen Dollar entgangen. Neben den Einnahmen aus den Kanalgebühren fielen laut Rabi Unterhaltskosten und Kosten für die Befreiungsaktion an.
Er liess bereits durchblicken, dass man Schiff und Crew solange festhalten werde, bis die Forderungen beglichen würden. Für die indische Seefahrer-Gewerkschaft ist das ein Skandal. Ihr Generalsekretär Abdulgani Serang findet deutliche Worte, wie die «Times of India» schreibt: «Wenn die SCA Verluste erlitten hat, kann sie das mit denen klären, die mit dem Schiff zu tun haben.»
Serang stehe jedoch mit dem Kapitän der «Ever Given» in Kontakt: «Ich habe ihm versichert, dass wir den Seeleuten zur Seite stehen und jede benötigte Unterstützung aufbringen werden.» Der Crew gehe es soweit gut.
Wer zahlt das Lösegeld?
Wer genau für die Entschädigung des Milliarden-Schadens verantwortlich ist, bleibt unklar. Die SCA steht in Verhandlungen mit dem Besitzer des XXL-Schiffes, der japanischen Shoei Kisen Kaisha Ltd. Wie das Wall Streets Journals berichtet, habe das Unternehmen jedoch bereits Klage vor einem Londoner Gericht eingereicht, um seine Haftung zu begrenzen.
Weiter weist die taiwanesische Reederei Evergreen Marine, die das Schiff gechartert hat, nach den Worten ihres Präsidenten Eric Hsieh die Verantwortung von sich.
Die SCA ermittelt unterdessen weiter, wie es genau zu dem Unfall kommen konnte. Auch die Seefahrtbehördes Panamas, unter dessen Flagge das Schiff fährt, und das für die technische Leitung verantwortliche Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) haben eigene Ermittlungen angekündigt.
Blockade nach Sandsturm
Die «Ever Given» war am 23. März auf dem Weg von Yangshan bei Shanghai nach Rotterdam im Suezkanal zwischen der Kanaleinfahrt bei Suez und den Bitterseen unterwegs, als sie in einen Sandsturm geriet, auf Grund lief und den Kanal blockierte.
In der Folge bildete sich auf beiden Seiten des Kanals ein Stau von 422 Meeresschiffen, was weltweit zu Lieferengpässen führte. Die Allianz-Versicherung schätzt die weltweit entstandenen Kosten auf sechs bis zehn Milliarden Dollar (zwischen 5 und 9 Milliarden Franken). (AFP/aua)