Stunk wegen «Gästeliste»
Biden sperrt China und Russland von Demokratie-Gipfel aus

Die USA haben zu einem «Gipfel der Demokratie» geladen, um vereint gegen Autokraten und Diktatoren vorzugehen. Auch die Schweiz durfte mit dabei sein. Anders als China und Russland. Sie waren nicht auf der digitalen «Gästeliste» – und empört.
Publiziert: 10.12.2021 um 20:35 Uhr
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Aktualisiert: 10.12.2021 um 20:58 Uhr
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Zum ersten Mal fand der «Gipfel der Demokratie» statt. US-Präsident Joe Biden hatte dazu über 100 Regierungen eingeladen.
Foto: keystone-sda.ch

Wer eingeladen war, durfte sich freuen. Andere mussten draussen bleiben. Und genau deswegen sorgt der «Gipfel für Demokratie» von US-Präsident Joe Biden (79) für mächtig Wirbel.

Für das Online-Treffen wurden von der USA mehr als 100 Regierungen eingeladen. Da durfte natürlich auch die Schweiz nicht fehlen. Guy Parmelin (62) sass mit am virtuellen Tisch. «Auf Einladung des Präsidenten habe ich am Gipfeltreffen für Demokratie teilgenommen und dort meine Überzeugung bekräftigt, dass Demokratien mehr als jedes andere politische System den Menschen die Möglichkeit bieten, sich selbst zu verwirklichen», schrieb er dazu auf Twitter.

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Bei dem zweitägigen Gipfel, der an diesem Freitag endet, sucht die US-Regierung den Schulterschluss der Demokratien weltweit gegen Autokraten. Die demokratischen Systeme stünden vor «anhaltenden und alarmierenden Herausforderungen». Es müsse jetzt gehandelt werden, um den Demokratieabbau weltweit aufzuhalten und umzukehren. «Werden wir es zulassen, dass der Rückschritt bei Rechten und Demokratie ungebremst weitergeht?», fragte er.

Millionen-Programm für die Demokratie

Das sieht auch Guy Parmelin so. Er teilt die Sorge des US-Präsidenten. «Wir sehen, dass die Demokratie in manchen Teilen der Welt unter Druck steht», sagte der Bundesrat im Gespräch mit dem «SRF». Daher müssten die Länder zusammenarbeiten und sich für die Demokratie engagieren. Und Parmelin betonte: «Damit engagieren wir uns für etwas und nicht gegen andere.»

Biden forderte die Staats- und Regierungschefs der Welt auf, während des Gipfels konkrete Zusagen zu machen. Die USA versprachen Programme im Volumen von 424 Millionen Dollar, um die Freiheit der Medien zu schützen, die Korruption zu bekämpfen und freie Wahlen in der ganzen Welt zu unterstützen. Millionen Dollar sollen zur Stärkung von Wahlen eingesetzt werden und 30 Millionen Dollar für einen internationalen Fonds zur Unterstützung unabhängiger Medien in «ressourcenarmen und fragilen Situationen».

Angespanntes Verhältnis zwischen USA, China und Russland

Seit seinem Amtsantritt im Januar versucht der US-Präsident, eine gemeinsame Front mit Verbündeten gegen die Kontrahenten China und Russland zu bilden. Die beiden Länder waren dann natürlich auch nicht eingeladen. Sie durften nicht beim «Gipfel der Demokratie» teilnehmen. Peking und Moskau kritisierten, dass dies die ideologischen Differenzen noch verstärke.

Das Verhältnis zwischen den USA und China ist belastet wie noch nie seit Aufnahme der diplomatischen Beziehungen 1979, zuletzt sorgte die US-Ankündigung eines diplomatischen Boykotts der Olympischen Winterspiele in Peking für Ärger. Was Russland angeht, sieht es nicht besser aus. Die Spannungen mit Moskau haben so weit zugenommen, dass Biden sich Fragen über einen möglichen Einsatz von US-Kampftruppen im Fall einer russischen Invasion in der Ukraine ausgesetzt sieht.

Abkehr von Trumps Politik

Biden fährt in diesen Konflikten zweigleisig, er sucht den Dialog mit Moskau und Peking ebenso wie den Rückhalt durch die Verbündeten. Mitte November kam es zum ersten Online-Gipfel Bidens mit Xi Jinping (68). Mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) sprach Biden erst am Dienstag in einer Videokonferenz.

Es ist eine Abkehr vom «America First»-Kurs seines Vorgängers Donald Trump (75) – zumindest gilt das in Fällen, in denen die USA die Verbündeten brauchen. Den Abzug aus Afghanistan beschloss Biden eigenmächtig, die Nato-Partner wurden informiert, aber nicht wirklich konsultiert.

Das Weisse Haus musste Einladungen erklären

Überhaupt sorgte die Einladungspraxis für einigen Ärger. So sind etwa Pakistan und die Philippinen dabei, nicht aber die rechtsnationalistische Regierung des EU-Mitglieds Ungarn. Eingeladen wurde auch Brasiliens rechtsradikaler Präsident Jair Bolsonaro (66).

Das Weisse Haus sah sich zur Klarstellung genötigt, dass eine Einladung nicht mit einem Gütesiegel für die Demokratie in dem jeweiligen Land gleichzusetzen sei. Bei Staaten wie der Türkei und Ungarn sorgte für Ärger, dass keine Einladung vom Weissen Haus einging. Taiwan wiederum bekam eine solche, was heftige Kritik Chinas auslöste.

Trump-Anhänger stürmten das Kapitol

Von der Konferenz geht das Signal aus, dass sich die USA immer noch als Leuchtturm der Demokratie verstehen. Wie fragil die Demokratie aber auch in den Vereinigten Staaten inzwischen ist, hat sich besonders am 6. Januar gezeigt, als Anhänger von Biden-Vorgänger Donald Trump das Kapitol stürmten.

Trump mag abgewählt worden sein, von der politischen Bühne verschwunden ist er nicht. Im Hintergrund zieht er die Strippen bei seinen Republikanern, eine Kandidatur bei der Präsidentenwahl 2024 ist alles andere als ausgeschlossen. Seine Niederlage hat Trump nie anerkannt, er behauptet weiterhin, um den Sieg betrogen worden zu sein – auch wenn er keine Belege dafür hat. (jmh/AFP/SDA)


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