Israel hat diese Woche die Impfnachweispflicht abgeschafft – der Besuch von Restaurants, Clubs und Kinos ist wieder uneingeschränkt möglich. Einzig bei grossen Veranstaltungen wird der sogenannte Grüne Pass noch benötigt.
Doch während das Land im Nahen Osten seine Corona-Massnahmen lockert, steigen die Todesfälle seit Anfang Februar wieder steil an. Zudem gibt es so viele schwere Verläufe wie noch nie zuvor. Und das beim einstigen Impfweltmeister.
Wochenlange Verspätung
In Israel waren es zuletzt durchschnittlich rund 50 Todesfälle pro Tag, wie «Welt» berichtet. Und das bei neun Millionen Einwohnern. Ein hohe Zahl. Zum Vergleich: Die Schweiz hat zirka 8,6 Millionen Einwohner. Das BAG vermeldete am Donnerstag 19 Corona-Tote.
Laut dem israelischen Gesundheitsministerium gibt es für den Anstieg eine einfache Erklärung: Man habe Todesfälle mit teilweise wochenlanger Verspätung gesammelt gemeldet. In Grafiken sehe das dann wie ein plötzlicher Anstieg aus.
Im Zeitraum, in dem sich die als Tot gemeldeten ansteckten, zählte Israel täglich noch 70'000 Neuinfektionen. Daran gemessen würde die Sterberate 0,07 Prozent betragen. Also sehr gering.
Unvollständig oder gar nicht geimpft
Der Vorsitzende der Vereinigung Ärzte für öffentliche Gesundheit in Israel, Hagal Levine, sagt: «In der ersten bis dritten Welle kamen völlig gesunde Menschen ins Krankenhaus und starben.» Inzwischen seien die meisten Patienten auf den Intensivstationen über 60 Jahre alt – fast alle sind unvollständig oder gar nicht geimpft.
Und: Laut Levine sind viele Patienten gar nicht wegen Corona, sondern aufgrund einer anderen Erkrankung eingeliefert worden. Er hat den Gesundheitsminister deshalb aufgefordert, in der Statistik zu unterscheiden, ob die Menschen an oder mit Corona gestorben sind.
Impfquote bei Kindern zu gering
Verbesserungspotenzial bezüglich der Pandemie-Politik des Landes gibt es auch an anderer Stelle: Experten bemängeln dabei vor allem, dass zwölf Prozent der besonders gefährdeten über 60-Jährigen nicht oder nur teilweise geimpft sind. Betroffen davo, sei besonders die ländliche und ärmere Bevölkerung.
Laut den Experten hätte die Regierung grössere Anstrengungen unternehmen müssen, um diese zu erreichen. Zudem sei auch die Impfquote bei den Kindern zu gering. (bra)