Stadt nahe der Grenze zur Ukraine
Russen flüchten aus Belgorod

Es herrscht Untergangsstimmung in Belgorod. Viele Menschen verlassen ihre Häuser. Die russische Stadt grenzt an die Ukraine und gerät immer wieder unter Beschuss.
Publiziert: 05.11.2022 um 17:24 Uhr
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Aktualisiert: 05.11.2022 um 18:05 Uhr
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Durch die Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze fahren immer wieder Soldaten an die Front.
Foto: imago images/SNA

Fensterscheiben zerbersten, Raketenteile knallen auf die Strasse und Elektrizitätswerke gehen in Flammen auf – die russische Stadt Belgorod spürt den Krieg in der Ukraine hautnah. Die Bürger fühlen sich nicht mehr sicher. Immer mehr Menschen verlassen die Stadt und ziehen weiter ins Landesinnere. Es herrscht düstere Untergangsstimmung, erzählt der oppositionelle Aktivist Ilja Kostjukow, der in Belgorod wohnt, der «Süddeutschen Zeitung».

Die Stadt liegt nur 40 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Dort kann man seit Februar täglich Raketenabschüsse und Militärflugzeuge hören. Immer wieder treffen Geschosse Umspannwerke, Öldepots, Einkaufszentren und Wohnhäuser in der Stadt und in den grenznahen Dörfern. Dabei ist nicht klar, ob es sich um Beschüsse vonseiten der Ukraine oder um Teile der russischen Raketenabwehr handelt. Klar ist: Die Bewohner fühlen sich in Belgorod nicht mehr sicher.

Es gibt keine Sirenen, wenn Raketen über die Stadt fliegen und auch keine Luftschutzbunker. Stattdessen rät der Gouverneur dazu, die eigenen Keller so einzurichten, dass man eine Weile darin verharren kann. In den sozialen Medien fragen sich die Menschen, wie sinnvoll das ist.

Eine Frau, die in einem Mehrstockhaus wohnt, schreibt auf dem sozialen Medium «Vkontakte»: «Wir werden doch verschüttet!» Es breitet sich Kriegsmüdigkeit bei den Einwohnern aus.

Menschen aus Belgorod müssen Gebäude verlassen

«Ich verstehe, dass sich die Bewohner grosse Sorgen um ihr Leben und das ihrer Kinder machen», schreibt Wjatscheslaw Gladkow am Donnerstag auf Telegram. 56 Personen, darunter 32 Kinder, wurden nach seinen Anweisungen in die Stadt Tula gebracht, weil es nicht mehr sicher genug ist. «Ich hoffe sehr, dass die erzwungene Abwesenheit der Bewohner unserer Region nicht lange andauern wird und dass sie bald in ihre Häuser zurückkehren werden.»

Seit Kriegsbeginn haben bereits über 3500 Menschen aus den Grenzdörfern ihre Häuser verlassen, berichteten lokale Medien vor einigen Wochen.

Nach Angaben der «Süddeutschen Zeitung» hängen in den Treppenhäusern mancher Gebäude in Belgorod bereits Informationsblätter, wie man sich schützen könne. Bei Beschuss soll man sich lieber von den Fenstern fernhalten. Ausserdem verbreiten lokale Medien Video-Anleitungen, wie man starke Blutungen und Kopfwunden verarztet. Unsicherheit und Angst herrscht in Belgorod, denn der Krieg spielt sich vor ihrer Haustüre ab. (jwg)

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