Elon Musk (51), der reichste Mensch der Welt, versucht sich auf Twitter als Krisenpolitiker und Friedensstifter, und prompt bekommt der Tesla- und SpaceX-Chef sein Fett weg für einen absurden Friedensplan: Mit einem Tweet rief Musk am Montagabend seine 100 Millionen Follower dazu auf, über «Frieden zwischen der Ukraine und Russland» zu entscheiden: mit einem Vier-Punkte-Plan, der unter anderem neue Abstimmungen in den von Russland annektierten Gebieten in der Ukraine unter Uno-Aufsicht vorschlägt.
Weltpolitik als Twitter-Umfrage: In seinem Friedensszenario behauptet Musk, die Krim gehöre «formell zu Russland, wie seit 1783», bis zum «Fehler» des sowjetischen Führers Nikita Chruschtschow. Womit Musk 1:1 die Kreml-Propaganda übernimmt. Immerhin: Russland müsse die besetzten Gebiete verlassen, wenn es der Wille der Menschen sei, so der Unternehmer. Und: «Die Ukraine bleibt neutral.» Was Musk damit meint, führt er nicht näher aus.
«Die Frage ist nur», so Musk, «wie viele Menschen bis dahin sterben». Und er fügt noch an, «ein – wenn auch unwahrscheinlicher – Ausgang dieses Konflikts ist ein Atomkrieg». Zu spät. Musk hatte mit seinem Friedensszenario bereits eine heftige Debatte entfacht. Denn de facto schlägt er die Kapitulation der Ukraine vor.
«Fuck off, Elon Musk»
Von allen Seiten hagelten Wut und Hohn auf Musk ein – der schliesslich Bots beschuldigte, die «Abstimmung» gekapert zu haben. Nicht nur die Twitter-Community lief Sturm gegen den plötzlichen Aussenpolitik-Experten Musk. Andrij Melnyk (47), der scheidende ukrainische Botschafter in Berlin, schoss sofort Giftpfeile: «Fuck off ist meine sehr diplomatische Antwort an Sie, Elon Musk», schrieb Melnyk auf Twitter. «Jetzt wird kein Ukrainer jemals Ihren verdammten Tesla-Scheiss kaufen. Viel Glück dann noch.»
Auch der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski (44) hatte bloss Spott für Musk übrig. Auf Twitter machte Selenski eine eigene Umfrage: «Welchen Elon Musk habt ihr lieber?» Mögliche Antworten: «Einen, der die Ukraine unterstützt» oder «Einen, der Russland unterstützt». Wenigstens fiel das Resultat hier zunächst deutlich für die Ukraine aus.
Musk um Schadenbegrenzung bemüht
Auch von zahllosen Twitter-Usern wird Musk dafür verhöhnt, sich in ein Gebiet einzumischen, über das er als Tech-Guru per se nicht die grösste Expertise besitzt.
Wenige Stunden nach seinem ersten Tweet, wie um Schadenbegrenzung bemüht, legte Musk einen Kompromissvorschlag nach: «Versuchen wir es also so: Der Wille der Menschen, die im Donbass und auf der Krim leben, sollte entscheiden, ob sie Teil Russlands oder der Ukraine sind.» Daraufhin konnte sich auch Gitanas Nauseda (58), der Präsident Litauens, nicht länger zurückhalten: «Lieber Elon Musk», so sein Tweet, «wenn jemand versucht, die Räder Ihres Tesla zu stehlen, macht ihn das nicht zum rechtmässigen Besitzer des Autos oder der Räder.»
«Krim befreien und Russland demilitarisieren»
«Es gibt einen besseren Vorschlag», schrieb der ukrainische Präsidentenberater Mykhailo Podoljak (50) auf Twitter – und wie Musk und Selenski macht auch Podoljak eine Umfrage. Erst werde die Ukraine ihr Territorium inklusive der annektierten Krim komplett befreien. Danach werde Russland komplett demilitarisiert. Moskau müsse seine Atomwaffen abgeben, sodass es niemandem mehr drohen könne. Die russischen Kriegsverbrechen sollen vor ein internationales Tribunal gebracht werden.
Von russischer Seite erhielt Musk Support. Russlands ehemaliger Ministerpräsident Dmitri Medwedew (57), heutiger Vizevorsitzender des Sicherheitsrates des Landes, schrieb auf Twitter: «Hut ab vor Elon Musk!»
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow begrüsst Musks Ideen, weist die Kernforderungen seines Vorstosses aber zugleich zurück. «Es ist doch positiv, dass jemand wie Elon Musk nach einem friedlichen Ausweg aus der Situation sucht», sagte Peskow der Staatsagentur Ria Nowosti zufolge. «Was aber die Durchführung von Referenden betrifft, haben die Einwohner bereits ihre Meinung geäussert. Und hier kann nichts anderes gelten.»