Spanien drängt EU zum Kurswechsel
Wird Corona schon bald wie die Grippe behandelt?

Angesichts der niedrigen Todeszahlen fordert Spanien eine Neubewertung des Virus. Ähnliche Vorstösse kommen auch aus Grossbritannien.
Publiziert: 11.01.2022 um 13:17 Uhr
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Aktualisiert: 11.01.2022 um 14:23 Uhr
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Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez: «Haben Voraussetzungen, um die Debatte zu eröffnen.»
Foto: imago images

Ansteckender, aber weniger tödlich – auch dank der Impfungen und Medikamente: Omikron nimmt der Pandemie zunehmend den Schrecken. In Spanien fallen die Todesfälle im Verhältnis zu den Infektionszahlen «dramatisch», sagte Ministerpräsident Pedro Sánchez (49) am Montag in einem Radio-Interview. Er fordert darum einen Kurswechsel.

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Angesichts der fallenden Todesraten bei einer Erkrankung mit Covid-19 will Spanien, dass das detaillierte Tracking der Todesfälle in ganz Europa zurückgefahren wird. Es soll auf ein ähnliches System wie bei der Grippe umgestellt werden. Die Änderung würde bedeuten, dass Covid-19 als «endemische Krankheit» und nicht mehr als Pandemie behandelt wird, so Regierungschef Sánchez.

«Ich glaube, dass wir die Voraussetzungen haben, um vorsichtig und langsam die Debatte auf technischer Ebene und auf der Ebene des Gesundheitspersonals, aber auch auf europäischer Ebene zu eröffnen, um die Entwicklung dieser Krankheit mit anderen Parametern als bisher zu bewerten», sagte Sánchez laut einem Bericht der Nachrichtenagentur AP.

Britischer Experte: «Müssen Krankheit forcieren – nicht Ausbreitung»

Der Strategiewechsel wird in Spanien bereits seit längerem vorbereitet. Weil das Corona-Tracking so viele Ressourcen benötigt, sollen die Behörden künftig nicht mehr jeden Fall registrieren und nachverfolgen. Stattdessen sollen die Daten zur Ausbreitung des Coronavirus nur noch stichprobenartig erhoben und hochgerechnet werden. Erstkontakte müssen bereits jetzt nicht mehr zum Pflicht-Test – ausser sie haben Symptome.

In Grossbritannien gibt es bereits ähnliche Vorstösse – wenn auch nicht aus der obersten Polit-Riege. So forderte etwa Clive Dix, Ex-Chef der britischen Impfstoff-Taskforce, das Virus nun «wie eine Grippe» zu behandeln und zu einer «neuen Normalität» zurückzukehren. «Wir müssen jetzt die Krankheit in den Griff bekommen, nicht die Verbreitung des Virus. Das Ziel für die Zukunft ist es also, das Fortschreiten der schweren Krankheit in gefährdeten Gruppen zu stoppen», sagte er dem «Observer».

Neues Zähl-System soll erst nach Omikron kommen

Gegenüber der «Daily Mail» äusserte sich auch Paul Hunter, Experte für Infektionskrankheiten von der University of East Anglia: Die Zahlen zeigten, dass die gesellschaftliche Belastung durch Covid-19 jetzt mit einer Grippe vergleichbar sei. Von nun an würde Covid-19 «mit ziemlicher Sicherheit» jedes Jahr schwächer, da die Menschen eine natürliche Immunität entwickeln, und nur noch besonders anfällige Menschen töten: «Sobald wir diese Omikron-Welle hinter uns haben – abgesehen von einer anderen unerwarteten Variante, die all unsere Fortschritte zunichte macht –, werden wir kurz vor der Endemie stehen.»

Noch ist unklar, wann das neue Zähl-System in Spanien eingeführt werden soll – jedoch voraussichtlich nicht mehr in der aktuellen Omikron-Welle. Sowohl in Spanien wie auch in Grossbritannien steigen die Todeszahlen aktuell. Grossbritannien verzeichnet Stand Montag 0,28 Todesfälle pro 100'000 Einwohner (7-Tage-Schnitt), in Spanien sind es – wie in der Schweiz – 0,17. (kin)

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