Die italienische Regierung prüft ein Eingreifen in den Entführungsfall um den kleinen Eitan (6), den einzigen Überlebenden des Seilbahn-Unglücks vom Lago Maggiore. «Wir bewerten aktuell den Vorfall, um uns dann einschalten zu können», sagte Aussenminister Luigi di Maio, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtet.
Der rechtmässige Vormund von Eitan ist seine Tante väterlicherseits, Aya B.* (41), die – wie die verstorbenen Eltern des Buben – in Italien lebt. Der sechsjährige Bub wurde am Samstag vom Grossvater mütterlicherseits ohne Wissen der Tante und entgegen einer richterlichen Anordnung ins Herkunftsland der Eltern nach Israel gebracht.
Grossvater hatte israelischen Pass des Buben
Der Israeli hatte den Jungen wie verabredet für einen Besuch getroffen, am Abend aber nicht mehr zur Tante zurückgebracht. Stattdessen fuhr er Medienberichten zufolge mit einem Leihwagen in die Schweiz und flog von Lugano mit einem Privatflieger nach Israel.
Möglich war dies, weil der Grossvater einen israelischen Pass des Kind dabei hatte. Gegen den Grossvater ermittelt nun die Staatsanwaltschaft in der norditalienischen Stadt Pavia wegen Freiheitsberaubung, wie Ansa schreibt. Die Anwälte des Mannes erklärten, er habe im Affekt gehandelt.
Richterliche Entscheidung missachtet
In Israel werde Eitan in einem Spital untersucht, sagt dessen Grossmutter Etti Peleg dem Radiosender 103FM. Der Bub verlor beim Seilbahnunglück am Mottarone vom Pfingstsonntag auf einen Schlag seine Eltern, seinen Bruder und zwei Urgrosseltern. Er selber überlebte schwer verletzt.
Eitan habe vier Monate lang keinen Arzt ausser der Tante väterlicherseits gesehen, behauptet die Grossmutter jetzt. Or Nirko, der Ehemann der Tante in Pavia, sagt, das seien «lügnerischen Erklärungen».
Die Tante, die nach dem Unglück von einem Gericht als Vormund ernannt wurde, setzt für die Rückkehr Eitans auf eine internationale Vereinbarung, nämlich das Haager Kindesentführungsübereinkommen, dem sich sowohl Israel als auch Italien angeschlossen haben. Dieses soll Kinder vor Entführungen oder Verschleppungen in andere Länder schützen. Zudem sieht es vor, Kinder so schnell wie möglich in den Staat des bisherigen, gewohnten Aufenthalts zurückzubringen.
Cristina Pagni, die Anwältin der Tante, war diesbezüglich bereits vor Gericht in Pavia. «Im Moment kann ich noch nichts Konkretes sagen», sagte sie nach dem Termin vom Montag laut Ansa. (SDA/noo)
* Name der Redaktion bekannt