Union und SPD wollen Milliardenkredite für Verteidigung und Infrastruktur ermöglichen. Das kündigten die Verhandlungsteams nach drei Sondierungsrunden am Abend in Berlin an. Zum einen solle die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse für bestimmte Verteidigungsausgaben gelockert werden, sagte CDU-Chef Friedrich Merz. Ausserdem solle ein Sondervermögen für die Instandsetzung der Infrastruktur mit 500 Milliarden Euro geschaffen werden.
Beide Beschlüsse sollen wegen der komplizierten Mehrheitsverhältnisse noch vom alten Bundestag getroffen werden. Allein haben Union und SPD auch dort nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Grundgesetzänderung. Sie brauchen daher Stimmen von Grünen oder FDP.
«Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens auf unserem Kontinent muss jetzt auch für unsere Verteidigung gelten: whatever it takes», sagte Merz. Deshalb sollten diejenigen Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse ausgenommen werden, die über einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen.
Mehr Flexibilität für Bundesländer
Das sei aber nur zu verkraften, wenn die Wirtschaft binnen kürzester Zeit wieder auf einen stabilen Wachstumskurs zurückkomme. Dafür müsse die Infrastruktur verbessert werden. «Die notwendigen Mittel dazu können nicht allein aus den laufenden Haushalten des Bundes, der Länder und der Gemeinden finanziert werden», sagte Merz. Das geplante kreditfinanzierte Sondervermögen solle über zehn Jahre laufen.
Ein Sondervermögen ist ein Topf abseits des Bundeshaushalts, aus dem Massnahmen mit einem ganz bestimmten Zweck finanziert werden. Wenn man es im Grundgesetz verankert, kann man es dort auch von der Schuldenbremse ausnehmen, die die Kreditaufnahme eigentlich auf einen geringen Betrag beschränkt. Genau das ist laut Merz nun geplant.
Ausserdem sollen auch die Länder die Möglichkeit bekommen, mehr Schulden zu machen. Ihre Schuldenbremse, die bisher besonders streng ist, soll an die etwas flexiblere Bundesregelung angepasst werden.
Immer mehr Forderungen nach Reform
Zuvor hatten sich vor dem Hintergrund der Sondierungsgespräche von Union und SPD die Forderungen nach einer generellen Reform der Schuldenbremse gemehrt. Auch die Bundesbank legte dafür am Dienstag eine Empfehlung vor. Eine Reform sei nötig, um dringend benötigte Investitionen in eine klimaneutrale Wirtschaft und Infrastruktur sowie in soziale Sicherheit zu ermöglichen, hiess es zudem in einem Appell von Gewerkschaften und Verbänden.
Die Bundesbank empfiehlt, den Kreditspielraum des Bundes von derzeit 0,35 Prozent auf 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen. Für einen Anteil von 0,5 Prozent soll es keine Vorgaben geben, weitere 0,9 Prozent sollen für zusätzliche Investitionen reserviert sein. Voraussetzung sei jedoch, dass die Schuldenquote Deutschlands unter 60 Prozent liege. Aktuell sind dies 63,2 Prozent. Bei einem Wert über 60 Prozent soll es laut Bundesbank nur den Kreditspielraum von 0,9 Prozent für Investitionen geben, nicht aber den Sockelwert von 0,5 Prozent.