Die EU hat in der Ukraine-Krise neue Sanktionen gegen Russland in Kraft gesetzt. Zu den Betroffenen zählen unter anderem der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow sowie Vize-Ministerpräsident Dmitri Grigorenko, wie aus dem in der Nacht zum Donnerstag veröffentlichten Amtsblatt der Europäischen Union hervorgeht.
Bereits am Dienstagabend hatten sich die Aussenministerinnen und Aussenminister der EU-Staaten politisch auf das Sanktionspaket geeinigt. Am Mittwoch wurden die Strafmassnahmen dann auch formell von den 27 EU-Staaten beschlossen. Die Veröffentlichung im Amtsblatt ist nun der letzte Schritt. EU-Ratschef Charles Michel hat für diesen Donnerstagabend zudem einen Krisengipfel der Staats- und Regierungschefs in Brüssel einberufen. Dort könnte über weitere Massnahmen gegen Russland beraten werden.
Strafe wegen Verletzung von Völkerrecht
Der russische Präsident Wladimir Putin hatte am Montag die Unabhängigkeit der Separatistenregionen Donezk und Luhansk in der Ostukraine anerkannt und eine Entsendung russischer Soldaten angeordnet. Der Kremlchef plant zum zweiten Mal nach 2014 einen Einmarsch in die Ukraine. Der Westen wirft Putin vor, gegen Völkerrecht zu verstossen. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150'000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
Das EU-Sanktionspaket sieht vor, die 351 Abgeordneten des russischen Parlaments auf die EU-Sanktionsliste zu setzen, die die Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk in der Ostukraine auf den Weg gebracht haben. Hinzu kommen 27 Personen und Organisationen, die dazu beitragen, die territoriale Integrität, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu untergraben.
Minister, Chefredaktorin, Kremlpropagandist, Banken
Neben den beiden Ministern Schoigu und Reschetnikow sowie Vize-Ministerpräsident Grigorenko stehen unter anderem die Sprecherin des Aussenministeriums Maria Sacharowa, die Chefredaktorin des Staatssenders RT, Margarita Simonjan, der Vorsitzende der Präsidialverwaltung Anton Wajno sowie der bekannte Kremlpropagandist Wladimir Solowjow auf der Sanktionsliste.
Auch eine sogenannte Internet-Forschungsagentur mit Sitz in St. Petersburg, die als kremlnahe Trollfabrik bekannt ist und Desinformationen verbreitet, wird genannt. Ebenso sind hochrangige Militärs und Geschäftsleute Teil der Liste. Hinzu kommen die russische Staatsbank Promsvyazbank, die Bank Rossiya und das Finanzentwicklungsinstitut Veb.rf.
Darüber hinaus sollen der Zugang des russischen Staats zu den EU-Finanzmärkten beschnitten und der Handel der EU mit den beiden Regionen eingeschränkt werden.
Konten werden eingefroren
Von Personen und Organisationen, die auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen und mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.
Gegen Russlands Präsidenten Wladimir Putin verhängt die EU trotz seiner Verantwortung für die jüngste Eskalation im Ukraine-Konflikt zunächst keine EU-Sanktionen. Man habe so entschieden, weil es die Notwendigkeit gebe, weitere Massnahmen in Reserve zu haben, hatte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell gesagt.
Insgesamt gelten nach EU-Angaben nun gegen 555 Personen und 52 Organisationen Strafmassnahmen wegen der Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine. Die Schweiz verzichtet derzeit noch auf Sanktionen. (SDA/euc)