Die Beispiele Israel und Island zeigen: Auf Herdenimmunität ist kaum zu hoffen. Beide Länder liegen bezüglich hoher Impfquoten ganz vorne. Doch die Delta-Variante verbreitet sich rasant. Die eigene vollständige Impfung schützt zwar weitgehend vor einer schweren Erkrankung, nicht aber vor sogenannten Impfdurchbrüchen, der Ansteckung von Kontaktpersonen trotz Impfung.
Erstmals seit einem halben Jahr sind in Israel am Dienstag wieder mehr als 6000 Corona-Infektionen an einem Tag nachgewiesen worden. Dies bei der vollständigen Impfung von knapp 60 Prozent der Bevölkerung. In Island sind 75 Prozent der Bevölkerung zweifach geimpft. Nun wird das Land von einer vierten Welle erfasst, die kräftiger ist als die vorhergehenden. Seit Mitte Juli hat sich die Zahl der täglichen Neuansteckungen vom einstelligen Bereich auf mehr als 300 erhöht.
Impfdurchbrüche werden durch zahlreiche Studien und Fällen belegt – wie jenem des US-Epidemiologen Allan Massie. Er war mit insgesamt 15 Geimpften auf einer Party, elf haben Covid bekommen. Dass auch geimpfte Personen ansteckend sein können, alarmiert Gesundheitsbehörden.
US-Behörde erlässt Testempfehlung für Geimpfte
Die US-Seuchenschutzbehörde (CDC) hält fest, dass auch «vollständig geimpfte Menschen mit Durchbruchsinfektionen der Delta-Variante das Virus auf andere übertragen können». Es wird ausdrücklich darauf verwiesen, dass «ungeimpfte Personen nach wie vor die grösste Gefahr darstellen». Doch die «Delta-Variante scheint sowohl bei ungeimpften als auch bei geimpften Personen die gleiche hohe Virusmenge zu produzieren», erklärt die Behörde.
Demnach können auch infizierte Geimpfte in den ersten Tagen hoch ansteckend sein. Doch wie bei auch anderen Varianten nehme die Virusmenge bei vollständig Geimpften schneller ab als bei Ungeimpften, was auch eine Studie aus Singapur belegt: Die Viruslast geht bei doppelt Geimpften schneller zurück als bei Ungeimpften. «Dies bedeutet», folgert die CDC, «dass vollständig geimpfte Personen wahrscheinlich weniger lange infektiös sind als ungeimpfte Personen.»
Ende Juli erliess die CDC dennoch eine Empfehlung, dass auch vollständig geimpfte Personen getestet werden sollen, die «in engen Kontakt mit einer Person mit Verdacht auf oder bestätigtem Covid-19 gekommen sind». Bis zum Erhalt des negativen Testergebnisses «sollten sie eine Maske tragen».
Warten auf Impfstoffe der nächsten Generation
Auch laut neuen Daten der britischen Gesundheitsbehörde (PHE) verfügen infizierte Menschen über ähnliche Konzentrationen des Coronavirus – unabhängig davon, ob sie geimpft sind oder nicht. Dies könne sich laut der Behörde möglicherweise auf die Ansteckungsfähigkeit der Menschen auswirken.
Bei der ursprünglichen Alpha-Variante hätten sich bei einem Impfdurchbruch von Geimpften noch deutlich weniger Viren nachweisen lassen als bei Ungeimpften, so die Behörde. Weitere gezielte Studien seien erforderlich, um nachzuweisen, wie ansteckend Geimpfte sein können und welche epidemiologische Rolle sie spielen.
Doch auch die britischen Gesundheitsexperten stellen damit klar: Die eigene Impfung und die Impfung von immer mehr Menschen sind keine Garantie dafür, von einer Corona-Erkrankung verschont zu bleiben und andere anzustecken. Impfungen dürften eine Realität bleiben. Studien zeigen bereits vielversprechende Kandidaten für Covid-19-Impfstoffe der zweiten Generation, mit denen 2022 zu rechnen ist.