Es passiert im Schatten. Auf verlassenen Baustellen. Im Hinterhof. In Lagerhallen. Seit einem Jahr erschüttern immer wieder Gruppenvergewaltigungen unter Jugendlichen und jungen Erwachsenen Süditalien. In Caivano, Provinz Neapel, werden zwei kleine Mädchen (10 und 12) über Monate von einer Gruppe italienischer Teenager missbraucht, in Palermo ist es eine 19-Jährige, die am 7. Juli stundenlang von Sizilianern vergewaltigt wird. Jedes Mal sind es sechs bis sieben Täter. Kaum einer ist älter als 20.
Auch in Catania ist der Tatort kalt und dreckig. Und wieder ist es eine Gruppe von sieben jungen Männern. Es ist der 30. Januar 2024. Gegen 19.30 Uhr schlendert ein Pärchen durch die älteste Parkanlage der Stadt, der Villa Bellini, als sich die jungen Ägypter ihm in den Weg stellen. Vier von ihnen halten den Jungen (17) fest, schlagen ihn. Drei weitere greifen sich das Mädchen (13). Sie zerren ihre Opfer ins öffentliche WC, gleich neben dem Kinderspielplatz. «Bitte tut mir nicht weh», ruft das Mädchen verzweifelt. Ihr Flehen ist vergeblich. Vor den Augen ihres Begleiters wird die junge Sizilianerin von zwei der Peiniger brutal vergewaltigt. Die anderen schauen zu, feuern an.
Vergewaltigung wird ein Politikum
Schliesslich kann das Paar fliehen. Es bricht auf der Strasse zusammen. Passanten eilen zu Hilfe. Es folgt die Strafanzeige. Innerhalb von 48 Stunden sind alle Täter gefasst. Ihre Identität ist schnell geklärt. Es sind illegale Einwanderer. Sie reisten zwischen 2021 und 2023 als unbegleitete Minderjährige nach Italien ein. Der Jüngste ist 15, der Älteste 19 Jahre alt.
Es ist die jüngste Gruppenvergewaltigung in einer ganzen Serie. Und doch ist der politische Aufschrei im Fall von Catania grösser. Italiens Premier verurteilt die Tat in einem Statement. Die Täter würden vor Gericht gestellt, verspricht Giorgia Meloni (47). Ihr Vize wiederholt seine Forderung nach drastischen Strafen. «Ein kleines Mädchen wird von sieben Ägyptern vergewaltigt. Kommt mir nicht mit Toleranz und Fehlern. Hier gibt es nur eine Behandlung: Die chemische Kastration», schreibt Matteo Salvini (50) im Netz. Schon bei den anderen Gruppenvergewaltigungen plädierte der Lega-Chef für ein Gesetz, das die chemische Zwangskastration erlaubt. Darüber solle nun abgestimmt werden, so Salvini. Zudem betont der Rechtspopulist nochmals die Richtigkeit seiner Politik, keine aus Seenot geretteten Flüchtlinge mehr aufzunehmen.
Legisten fordern Zwangskastration und Abschiebung
Die Europa-Abgeordnete Annalisa Tardino (44) fordert nicht nur die chemische Zwangskastration, sondern auch die sofortige Abschiebung. «In Ägypten hätten sie sich so ein Verhalten nie erlaubt. Die Sicherheit unserer Kinder hat Priorität. In ganz Italien», so die Lega-Politikerin. Für manche italienische Medien trägt die Politik der Sozialdemokraten eine Mitschuld an der Gewalttat im Park der Villa Bellini. Am Pranger steht Sandra Zampa (67). Die einstige Gesundheitsministerin und Vizepräsidentin der Sozialdemokratischen Partei (PD) erliess 2017 ein Gesetz, das minderjährigen Flüchtlingen ein Bleiberecht bis zum Alter von 21 Jahren einräumt.
Es brauche Lösungen, keine Rache, mahnt unterdessen Luana Zanello (73) von den Grünen. Die linke Senatorin Ilaria Cucchi (49) warnt davor, den Fall politisch zu instrumentalisieren. Und die Sozialdemokratin Alessia Morani (48) fragt auf der Internet-Plattform X: «Macht es für die Vergewaltigung einen Unterschied, wenn die Täter Ausländer oder Italiener sind?»