In Ägypten kommt es am Montag zu einem Femizid, der die arabische Welt erschüttert. Wie «CNN» berichtet, wurde Naira A.* (†21) von einem Mann erstochen, dessen Annäherungsversuche sie zurückwies. Und das am helllichten Tag.
Nach Angaben der ägyptischen Staatsanwaltschaft wurde der Verdächtiger vor der nordägyptischen Mansoura-Universität verhaftet. Dort soll sich der tragische Vorfall auch ereignet haben – A. studierte an dieser Universität.
Überwachungskamera zeigte Tat
Aufnahmen einer Überwachungskamera, die sich in der Nähe befand, sollen die Tat zeigen. Das Video kursierte diese Woche in der gesamten arabischen Welt. Gegenüber «CNN» bestätigte der Anwalt der Familie der jungen Frau, dass die Aufnahmen die Tötung ihrer Naira zeigen.
Wie die ägyptische Staatsanwaltschaft mitteilt, muss sich der mutmassliche Täter wegen vorsätzlicher Tötung verantworten. Die erste Gerichtsverhandlung hat bereits am Sonntag stattgefunden. Der US-amerikanische Fernsehsender konnte weder den Verdächtigen noch seine Familie für eine Stellungnahme erreichen.
Die junge Frau habe mehrere Heiratsanträge des Täters zurückgewiesen, wie der Vater von A. zum Fernsehsender sagt. Zudem habe er ihr nachgestellt und gefälschte Konten in den sozialen Medien erstellt, um ihr zu folgen. «Sie wollte nicht heiraten, sie wollte ihrer Karriere nachgehen. A. wollte Flugbegleiterin werden», so ihr Vater. A. beantragte schlussendlich im April gar eine einstweilige Verfügung.
«Das System hat versagt»
Ägyptischen Frauenrechtsexperten zufolge sei geschlechtsspezifische Gewalt im Land weit verbreitet. Soziale und rechtliche Unzulänglichkeiten würden die Situation verschlimmern.
«Der Mord an Naira war definitiv kein Einzelfall», sagte Lobna Darwish, Referentin für Geschlechter- und Menschenrechte bei der Ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte (EIPR), zu CNN.
Zudem würde es an Daten fehlen, da der Staat solche Zwischenfälle nicht ordnungsgemäss dokumentiere, so Darwish. Monatlich lese man jedoch in den Nachrichten von Missbrauch. «Wir sehen Muster, die alarmierend sind», so die Expertin weiter.
Darwish zufolge hätte das Opfer und ihre Familie alle Massnahmen ergriffen, um die junge Frau zu schützen – vergeblich. «Das ganze System – ob sozial oder rechtlich – hat versagt.»
«Frauen müssen sich vollständig bedecken»
Doch nicht alle Reaktionen in Bezug auf A.'s Tod waren positiv. Gewisse schoben auch der jungen Frau die Schuld für die Tötung zu.
So auch der umstrittene ehemalige Fernsehmoderator Mabrouk Atteya. In den sozialen Medien äusserte er sich wie folgt: «Frauen und Mädchen sollten sich bedecken. Wenn du das Gefühl hast, dass dein Leben kostbar ist, verlasse das Haus vollständig bedeckt, um diejenigen, die dich töten wollen, davon abzuhalten, dich abzuschlachten», so Atteya in einem Live-Stream.
Seine Aussagen sorgten in den sozialen Netzwerken für Empörung. Diese war so gross, dass sie gar eine Kampagne lostrat, mit welcher die Verhaftung des Moderators gefordert wird.
Trotz Gesetzen mangelt es bei der Durchsetzung
Trotz Fortschritten bei der Gesetzeslage in Ägypten bezüglich sexueller Belästigung gäbe es laut Darwish, insbesondere bei der Durchsetzung von Polizei und Gesellschaft Verbesserungspotenzial.
Im Juni 2021 verschärfte der Staat die Gesetzeslage. So sind die Geldstrafen nun höher und auch die Gefängnisstrafen wurden verlängert, wie staatliche Medien berichteten. (dzc)
* Name bekannt