Die Tat ist unfassbar brutal: Vor den Augen seines fünfjährigen Sohnes sticht Alim F.* (40) im August 2019 in Dietikon ZH mit einem Messer auf seine getrennt lebende Ehefrau Esma* ein. Der Bub muss seiner Mutter beim Sterben zuschauen, schreit verzweifelt: «Mami, Papi!» Seit Mittwoch steht Alim F. wegen Mordes vor dem Bezirksgericht Dietikon ZH.
Er erscheint in einem schwarzen Traineranzug und mit rasiertem Schädel vor Gericht, antwortet minimalistisch und lacht mehrmals unvermittelt. Während der Staatsanwalt die Tötung beschreibt, fummelt sich F. seelenruhig Fussel vom Pullover.
Täter will sich nicht erinnern können
An die Tat selber will er sich nicht erinnern können. «Ich wollte an dem Tag nur mein Handy und das Auto abholen.» Und: «Es tut mir leid, was passiert ist. Es gab keinen Grund dafür.» Als Auslöser sieht Alim F. eine psychische Erkrankung, seine «Paranoia», wie er es nennt. Auch der Gutachter attestiert ihm eine psychische Störung. In der geschlossenen Psychiatrie Rheinau, wo sich der Angeklagte momentan befindet, bekommt er Medikamente und macht eine Therapie. «Mein grösster Wunsch ist es, gesund zu werden.»
Vor der Tat gab es genug Warnzeichen: Nachdem Esma F. sich von ihrem seit Jahren gewalttätigen Ehemann getrennt hatte, stellte er ihr immer wieder nach und bedrohte sie. Die vier Kinder litten unter dem Vater, wurden laut ihrem Anwalt Opfer von Schlägen und sexueller Gewalt. Regelmässig rückte die Polizei aus, Gerichte verhängten Kontaktverbote, sogar eine Gewaltschutz-Abteilung der Kantonspolizei Zürich wurde aktiviert.
Staatsanwalt fordert 14 Jahre Gefängnis
Alim F. war damals oft auf Kokain und dachte laut Zeugen, seine Frau habe eine Beziehung mit einem anderen. Er sei «wegen seiner Mentalität gezwungen gewesen», seine Noch-Ehefrau zu töten, sagte er nach der Tat seiner Schwester.
Hier sieht auch die Anklage das Motiv. «F. war der albanischen Tradition verpflichtet, die Familie war auch nach 20 Jahren in der Schweiz noch nicht integriert», so der Staatsanwalt. Er fordert 14 Jahre Gefängnis und die sogenannte «kleine Verwahrung» für den Mord, für Misswirtschaft im Zusammenhang mit einer Baufirma und zahlreiche Verkehrsdelikte. Der Verteidiger sieht keinen Mord, sondern eine vorsätzliche Tötung und fordert eine Haftstrafe von zehn Jahren, ebenfalls aufgeschoben für eine stationäre Massnahme. Von einem Landesverweis sei abzusehen.
Das Urteil folgt am Freitag.
*Namen geändert