Sie geben Trump «eine letzte Chance» mitzumachen
Amerikas Milizen träumen vom Bürgerkrieg

Wovon viele Milizen in den USA schon lange träumten, scheint nicht mehr nur abstrakte Spinnerei zu sein: Bürgerkrieg. US-Bürgerwehren fühlen sich zu tödlicher Gewalt berechtigt – um für «Ruhe und Ordnung» zu sorgen.
Publiziert: 07.09.2020 um 18:04 Uhr
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Aktualisiert: 09.10.2020 um 21:57 Uhr
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Milizionäre in den USA haben viele Gesichter. Dieser Vertreter trägt die Fahne der Südstaaten-Konföderation des Bürgerkriegs – was heutzutage rassistisches Gedankengut verrät.
Foto: AFP
Daniel Kestenholz

Die Miliz der «Oath Keepers» ist eine landesweit aktive Bürgerwehr in den USA mit angeblich Zehntausenden von ehemaligen Soldaten und Polizisten in ihren Reihen. Unlängst drohten sie offen mit Bürgerkrieg in Amerikas Strassen. Nachdem in Portland ein Mitglied der rechten Gruppierung «Patriot Prayer» erschossen wurde, sprachen die «Oath Keepers» vom «ersten Schuss», der im Bürgerkrieg Amerikas abgefeuert worden sei.

«Der erste Schuss ist gefallen, Bruder», so die Drohung der Milizionäre auf Twitter. «Der Bürgerkrieg ist im Gang, hier und jetzt. Wir geben Trump eine letzte Chance, dies zu einem marxistischen Aufstand zu erklären und ihn zu unterdrücken, wie es seine Pflicht verlangt.» Wenn Trump seine Pflicht nicht erfülle, dann «werden wir unsere tun».

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Milizen haben eine lange, traditionsreiche Geschichte in den USA. Üblicherweise treibt sie nicht Rassismus auf die Strassen, sie sind nicht unbedingt Trump-Fans. Milizen halten sich für die Verfechter von US-Werten, welchem Lager auch immer sie angehören.

Mit dem Ausufern von politisch motivierter Gewalt im Vorfeld der US-Wahlen vom 3. November werden US-Milizen hüben wie drüben wieder aktiver. Ob die Todesschützen der Antifa oder rechtsextremen Bürgerwehren angehören: Zur Verteidigung ihrer Werte fühlen sie sich zur Anwendung tödlicher Gewalt berechtigt.

Für viele Milizen ist auch Trump der Feind

Bisher bleibt die Wut von US-Bürgerwehren aller Lager noch unter Verschluss gehalten. Einzeltäter – sogenannte «lone wolves», Einzelkämpfer – scheinen gefährlicher als organisierte patriotische Gruppen. Die meisten Bluttaten in den USA werden von extremistischen Einzelgängern aus dem Hinterhalt begangen. Und nicht von organisierten Milizen, die als geeinte Front auftreten.

Milizen sind auch nicht zwingend Anhänger von US-Präsident Donald Trump (74), der zwar kein Geheimnis aus seinen Sympathien für Amerikas bewaffnete «Patrioten» macht. Diese Patrioten folgten bis Ende der Amtszeit von Barack Obama aber eher einer regierungsfeindlichen Ideologie. Zu den Feinden gehört damit auch die Bundesregierung – wozu heute auch Trump zählt. Es gibt zudem auch vereinzelte bewaffnete Milizen von Weissen in den USA, die sich für die «Black Lives Matter»-Bewegung einsetzen. Ihr oberstes Ziel ist der Schutz der US-Verfassung.

Und schliesslich gibt es seit neuem auch Milizen von Schwarzen – und auf der anderen Seite die gewalttätige «Boogaloo»-Bewegung, deren Mitglieder sich oft in Hawaiihemden zeigen und sich auf «Boogaloo» vorbereiten, wie sie den zweiten amerikanischen Bürgerkrieg nennen.

Trumps Schattenarmee

Trumps konfrontativer Stil und die Covid-19-Pandemie samt den Einschränkungen, die sie mit sich bringt, haben Amerikas Bürgerwehren zu neuem Zulauf verholfen. Der Staat versagt, Menschen greifen zu Waffen, um sich, ihre Familien und ihre Ortschaften zu schützen. Unlängst wurden während Plünderungen in Los Angeles selbst biedere Villenbesitzer zu Milizionären: Mit Schnellfeuerwaffen im Anschlag schützten behelfsmässige Bürgerwehren ihre Quartiere. Auch andernorts im Land: Immer häufiger sorgen Milizionäre für das, was sie als «Ruhe und Ordnung» in den Strassen von Amerika empfinden.

Es wäre der Moment, in dem der Präsident mässigend auf alle Seiten einwirken müsste. Doch Trump schürt die Spannungen weiter, indem er selbst – wie vor einem Jahr – die Idee eines Bürgerkriegs verbreitet, sollte er zum Beispiel des Amtes enthoben werden:

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Für diesen Fall, so befürchten viele, kann er auf eine Schattenarmee vertrauen. Von Trump aufgestachelte rechtsextreme Bürgerwehren wie die «Real 3-Percent-ers of Idaho», «Bundys» und «American Wolf» sind mit halbautomatischen Waffen ausgerüstet und patrouillieren bereits durch Amerikas Innenstädte.

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Alle aktuellen Entwicklungen zu den Wahlen und Kandidaten gibt es immer im Newsticker, und alle Artikel zum Thema finden Sie hier auf der US-Wahlen-Seite.

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